Istanbul - Die türkischen Behörden sind alarmiert: Die Zahl der Selbstmorde und -versuche im Südosten der Türkei ist deutlich gestiegen. In den vergangenen Monaten haben alleine in den Provinzen Batman, Diyarbakir und Mus rund 250 Menschen versucht, ihrem Leben ein Ende zu setzen - rund die Hälfte davon starb. Nun diskutieren Medien, ForscherInnen und Geistliche über die Ursachen für die Verzweiflungstaten. Für einige BeobachterInnen sind die Beweggründe klar: "Kinderbräute im Südosten ziehen den Tod vor", schrieb eine Kommentatorin in der "Turkish Daily News". In Batman nahmen sich in den vergangenen Monaten 26 Menschen das Leben, 22 von ihnen waren junge Frauen. Tatsächlich werden im Osten und Südosten oft junge Mädchen gegen ein Kopfgeld (baslik parasi) und gegen ihren Willen verkauft. Viele der jungen Frauen haben ihren künftigen Ehemann, der manchmal doppelt so alt wie sie selbst ist und bereits Kinder im Alter der Braut hat, nie zuvor gesehen. Frauen oft weniger wert als Kühe Frauen seien im Südosten oft weniger wert als Kühe, schimpft die Journalistin. "Wenn man einen Dorfbewohner im Südosten nach der Zahl seiner Kinder fragt, wird er nur die Zahl seiner Söhne nennen, die Töchter aber verschweigen." Andere Frauen werden von der Familie unterdrückt und geschlagen: "Mein Gesicht ist geschwollen, aus meiner Nase fließt Blut", schrieb eine 22-Jährige in einem Abschiedsbrief. "Der einzige Grund (für die Schläge) ist mein enger Rock." Andere unverheiratete Frauen sollen schwanger geworden sein. Um die Familienehre zu retten, wählten sie den Tod. Nun wollen Geistliche bei der Bewältigung von Krisensituationen helfen. Selbstmordgefährdete Frauen können sich an eine weibliche Geistliche und an eine Krisen-Hotline wenden. Doch dies soll nur ein erster Ansatz sein: Es sind weitere Studien und Projekte geplant, damit die Zahl der Selbstmorde abnimmt und Batman den Ruf als türkische Hauptstadt der SelbstmörderInnen wieder loswird. (dpa)