Im März, bei seinem Amtsantritt, nahm Michael Schmid den Mund noch ziemlich voll. Er werde sicher keinen Sommerschlussverkauf machen bei der Vergabe der Welthandylizenzen. Schließlich habe er von seinem Vorgänger ein 319 Milliarden Schilling tiefes Budgetloch übernommen, mit dem beim besten Willen keine ordentliche Verkehrs- und schon gar keine vernünftige Technologiepolitik zu machen sei. Dafür brauche er Geld, die Telekomkonzerne sollen bluten, hieß es.

Neun Monate und eine UMTS-Auktion später ist es sehr still geworden. Der Erlös von knapp zwölf Milliarden Schilling berauscht niemanden, und Schmid zog sich einen Tag vor seinem Rückzug aus dem Ministerium auf die Position zurück, er habe keinen Gestaltungsspielraum gehabt bei der Frequenzvergabe. Schuld sei - erraten! - sein Vorgänger Caspar Einem. Dieser habe alles verschleppt und einen Auktionstermin im Frühjahr vermasselt.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Man begnügt sich mit den zwölf Milliarden und betont, wie gut das für den Wirtschaftsstandort ist. Oder man stellt die - legitime - Frage, warum der Staat sein einziges wertvolles Gut, die Funkkonzessionen, tollpatschig unters Volk bringt, damit die Telekomkonzerne billig davonkommen. Denn wenn sich sechs Bieter um zwölf Pakete anstellen, braucht es keine Rechenkünste, um festzustellen, dass sechs Funkkonzessionen herauskommen.

Dass die multimediafähigen Funkfrequenzen in Österreich vergleichsweise billig sind, zeigt nicht nur ein Vergleich mit Deutschland und Großbritannien, sondern auch die Reaktion der Auktionsgewinner. Alle sind glücklich und zufrieden. Da der heimische GSM-Markt mit vier Betreibern aber ohnehin schon aus allen Nähten platzt - der vierte Anbieter kommt kaum auf die Beine -, macht es keinen Unterschied, ob sich vier oder sechs Betreiber einen ruinösen Preiskampf liefern. Da die Newcomer nicht vom Markt fern zu halten seien, hätte ein Hochpokern bei Mobilkom und Konsorten nur Spesen verursacht.

Die einzige Instanz, die dieses beinahe fatalistische Kalkül der internationalen Konzerne durchbrechen hätte können, wäre Exminister Michael Schmid gewesen. Allein in seiner Hand lag es zu verhindern, dass bei abklingendem Marktinteresse sechs Konzessionen unter den Hammer kommen. Er hätte auch den Regulator anhalten können, das deutsche Vergabemodell nicht einfach zu kopieren, sondern ein eigenes zu entwickeln. Es hätte beispielsweise genügt, nur fünf Lizenzen zum Funken auszuschreiben. Eine dritte Variante wäre jene von Wirtschaftsforscher Norbert Knoll gewesen, ein einziges UMTS-Netz zu errichten und dieses an interessierte Diensteanbieter zu vermieten. Eine weitere Möglichkeit für Schmid wäre es gewesen, das Mindestgebot einfach zu erhöhen. All das hat Michael Schmid verabsäumt. Und deshalb ist aus der Lizenzvergabe zwar kein Sommerschnäppchen, sondern ein vorgezogener Winterschlussverkauf geworden. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe 6.11.2000)