London - Es gibt sie auch, die deutschsprachigen Bücher, die mühelos über den Ärmelkanal finden. Sie heißen zum Beispiel Suche impotenten Mann fürs Leben und stam- men von einer Gaby Haupt- mann. Aber der Normalfall ist Kampf und Krampf. Erscheinen derzeit jährlich etwa 10.000 englischsprachige Titel in deutscher Übersetzung, so umgekehrt nur 100 deutschsprachige Titel in Englisch. Der krassen Einseitigkeit dieses Kulturaustausches hat der britische Übersetzerverband eine Initiative entgegengesetzt. Erstmals zog man in London jetzt eine schöne Erfolgsbilanz: In nur drei Jahren konnten bereits mehr als 20 Übersetzungen deutschsprachiger Bücher angeregt werden. Tendenz: stark steigend. Die Initiative setzt dort an, wo die Hauptursachen der geringen Aufmerksamkeit englischer Verlage für deutschsprachige Literatur liegen. Gab es nämlich nach dem Zweiten Weltkrieg in England noch zahlreiche deutschsprachige Emigranten, die als Lektoren oder Konsulenten die britischen Verlage mit aktuellen Informationen über deutsche, Schweizer und österreichische Literatur versorgten, so ist inzwischen auf der Insel die Zahl der Lektoren, die des Deutschen mächtig sind, drastisch gesunken. Entsprechend dünn gestaltet sich der Informationsfluss. Und eben da schafft das zweimal jährlich erscheinende Periodikum new books in german Abhilfe. Jede Ausgabe stellt 20 bis 30 deutschsprachige Neuerscheinungen vor, samt Inhaltsangabe und Kurzbiografie der Autoren. Kosten-los können englische Verlage zudem eine umfangreichere Übersetzungsprobe anfordern. Die Auswahl der vorgestellten Titel trifft ein ständig wechselnder Rat von Literaturexperten, die sowohl Kenner der deutschsprachigen Literatur als auch des anglophonen Buchmarktes sind. Dass im jüngsten Heft fünf Autoren (u. a. Elfriede Jelinek, Gerhard Roth und Josef Haslinger) und drei Verlage aus Österreich vertreten sind, ist eine Ausnahme. Man wünscht sich in London durchaus eine regere Mitwirkung der österreichischen Verlage. Auch wenn die Initiative u. a. vom österreichischen Kunststaatssekretariat und vom Außenministerium unterstützt wird, muss von den Verlagen für die Kosten der Übersetzungsprobe ein "Eintrittsgeld" von 5000 Schilling pro vertretenen Titel eingehoben werden. Eine Barriere für kleinere Verlage, wie sich Herausgeberin Rosemary Smith bewusst ist. Allerdings geht new books in german mittlerweile an Verlage und Bibliotheken in 40 Ländern, von Großbritannien und den USA bis hin zum Libanon oder Korea. Und die Übersetzungsprobe ist schließlich ein Instrument, das die Verlage auch für ihre eigenen Werbeaktivitäten entsprechend nutzen können. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, Michael Cerha)