Berlin - Die deutschen Christdemokraten (CDU) haben ihren Streit um ein Konzept für die Zuwanderung von Ausländern nach Deutschland vorerst beigelegt. Der Bundesvorstand stimmte am Montag ohne Gegenstimme einem Grundsatzpapier zu, das vom saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Bosbach ausgearbeitet worden war. Das berichtete der stellvertretende Parteivorsitzende Christian Wulff nach der Sitzung. In dem Papier hält die CDU auch an dem umstrittenen Begriff "Leitkultur" fest. An ihr sollen sich Ausländer bei ihrer Integration in Deutschland orientieren. Müller der auch Vorsitzender der CDU-Zuwanderungskommission ist, hatte sich noch vor Beginn der Sitzung erneut dafür stark gemacht, auf den Begriff zu verzichten, weil dieser ein Diffamierungspotenzial für den politischen Gegner beinhalte. Nach Wulffs Angaben wurde aber die Formulierung übernommen, für die sich die Parteivorsitzende Angela Merkel in den vergangenen Tagen bereits intern ausgesprochen hatte. Merkel will gemeinsam mit Müller das Eckpunkte-Papier am Nachmittag im Einzelnen vorstellen. Unionsfraktionschef Ulrich Merz hatte ursprünglich von "deutscher Leitkultur" gesprochen. Diese Formulierung war auf heftige Kritik von Außen, aber auch innerhalb der CDU gestoßen. Nun ist von einer "Leitkultur in Deutschland" die Rede. Als Vorsitzender der CDU-Zuwanderungskommission hatte sich Müller gegen den Begriff gewandt, der "unglücklich" und "unpräzise" sei. Auch stecke darin ein "Diffamierungspotenzial", falls jemand das Wort falsch verstehen wolle, hatte Müller vor den Beratungen erklärt. Andere Präsidiumsmitglieder wie der hessische Ministerpräsident Roland Koch verteidigten hingegen die "Leitkultur", die gegen den Willen Müllers auf Wunsch von CDU-Chefin Angela Merkel doch noch in das Papier aufgenommen worden war. Die CSU begrüßte diese Entscheidung. "Traditionen respektieren" In dem Eckpunkte-Papier wird unter anderem gefordert, dass sich Zuwanderer zum Grundgesetz bekennen, die deutsche Sprache lernen und die deutschen Traditionen respektieren. Außerdem soll nach Willen der CDU die Zuwanderungsfrage mit Fragen des Asylrechts verknüpft werden. Müller hob aber hervor, dass sich die CDU zur Einwanderung und Integration von Ausländern bekenne. Nötig sei allerdings eine Regelung für den Zuzug. Er versicherte, in der Partei gebe es keine inhaltlichen Differenzen, nur beim Begriff "Leitkultur" gingen die Meinungen auseinander. Er selbst ziehe einen Begriff wie "Grundkonsens unserer Gesellschaft" vor, betonte Müller. Er sehe jedoch keinen Grund, seinen Kommissionsvorsitz abzugeben. CDU-Vize Annette Schavan sagte, ihr sei es egal, ob der Begriff "Leitkultur" verwendet werde. "Ob der Satz drinsteht oder nicht, ändert an der Substanz des Papiers nichts", betonte Schavan. Koch sagte, es dürfe kein Streit nur um Worte geführt werden. Wenn die Partei den Begriff für richtig halte, dann sollte er verwendet werden. Mit Müller sei er sich dennoch in 95 Prozent der Fragen einig. Auch Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) betonte, es geben keinen Zwiespalt in der CDU in dieser Frage. Er erwarte eine interessante Diskussion, verstehe aber die ganze Aufregung um die "Leitkultur" nicht. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel begrüßte im Südwestrundfunk das Festhalten der CDU an der "Leitkultur". Der wichtigste Gedanke für die CSU sei, dass die Union den Begriff nun weiterentwickle und sich Inhalte dazu erarbeite. Jetzt müsse für Aufklärung gesorgt werden sowie für Sachorientierung und Fairness in der Diskussion. Gerade in der SPD würden viele, "die da jetzt herumgeifern", erkennen müssen, dass dieser Begriff inzwischen von einer großen Mehrheit der Bevölkerung aufgenommen werde. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) registriere nun offenbar selbst, dass er zu lange gezögert habe. Dagegen lehnte FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle die "Überheblichkeit" des Begriffs ab. Dies suggeriere eine "statische Überlegenheit der deutschen Kultur", schrieb er in der "Welt" vom Montag. Er forderte ein Zuwanderungsgesetz noch vor der Bundestagswahl. (APA/dpa)