Alte Wirtschaft und New Economy müssen sich ergänzen. Neue Geschäftsideen sollen alte Industrien attraktiv für die besten Köpfe der jungen Generation machen, meint VA-Tech-Vorstand Horst Wiesinger im Gespräch mit Ernst Brandstetter. In seinen letzten Dienstjahren als Vorstand der VA-Tech will sich Horst Wiesinger zu einem wesentlichen Teil der Arbeit mit der Jugend widmen: "Das digitale Zeitalter der Wirtschaft beginnt mit einem Wettlauf um die besten Köpfe, und hier wollen wir gewinnen", sagt Wiesinger im Gespräch mit dem STANDARD auf die Frage, warum sich ein erfolgreiches Technologieunternehmen mit Geld und Know-how für die Initiative i2b engagiert. Seine Analyse ist klar: "Junge Leute gehen in Firmen, die innovativ sind und wachsen. Das größte Risiko der alten Industrien ist es, die Attraktivität für die Jugend zu verlieren." Derzeit überstrahlt die New Economy mit ihren Perspektiven die gesamte klassische Industrieszene. Sie wächst schnell und bietet Chancen, während die alte Industrie scheinbar zurückfällt. Diese Kluft in der Wahrnehmung gilt es laut Wiesinger zu überbrücken: "Wir müssen darstellen, dass wir Wachstumspotenzial haben und Kreativität und neue Ideen ansprechen." Die Rekrutierung junger Talente ist angesichts der zurückgehenden Studentenzahlen eine große Herausforderung. Heute schon unternimmt VA-Tech viel, um attraktiv zu bleiben: Ein Young-Professional-Programm bietet Berufseinsteigern interessante Perspektiven, die auch einen Auslandsaufenthalt beinhalten - wichtig für ein Unternehmen, für das mehr Mitarbeiter im Ausland als in Österreich tätig sind. Ein ausgeklügeltes Ideenmanagement-System fördert die interne Weiterentwicklung von Schlüsseltechnologien. Mit i2b sollen externe Ideen schneller und näher an das Unternehmen herangeführt werden. "Strategische Partnerschaften mit jungen, dynamischen Unternehmen sind denkbar, wenn sie uns einen technologischen Fortschritt und damit einen Wettbewerbsvorteil sichern." Im E-Business, wurden bereits erste, viel versprechende Pfeiler der Brücke zwischen alter und neuer Industrie aufgebaut. In den Bereichen E-Procurement (Einkauf), E-Collaboration (Projektmanagement) und E-Sales (Vertrieb) geht der Technologiekonzern den Schritt ins digitale Zeitalter. Auch wenn komplette, neue Stahlwerke selbst in ferner Zukunft sicher nicht im Internet gehandelt werden, so werden jetzt schon neue Geschäftsmodelle umgesetzt. Wiesinger sieht bei E-Collaboration große Chancen. Sie erlaubt paralleles Arbeiten von Konstruktionsmannschaften an unterschiedlichen Standorten am gleichen Projekt und eine Verkürzung der Projektdurchlaufszeit. Auch im Vertrieb liegen Potenziale. Wiesinger: "Auf der Welt liegen Ersatzteile für Industrieanlagen im Wert von 20 Mrd. Dollar herum, die nicht genützt werden. Garantierte Ersatzteillieferungen binnen einer Anzahl von Stunden sind echte Wettbewerbsvorteile." (DER STANDARD Print-Ausgabe, 4./5. November 2000)