aus Rio

Rio - In Brasilien drängen eine Reihe von einheimischen Anbietern auf den bisher weitgehend von US-Firmen beherrschten Markt für Erfrischungsgetränke. Allerdings wird hier um Marktanteile bisweilen auch mit Methoden gekämpft, die der Phantasie von Thriller-Autoren entsprungen zu sein schienen. Einzelheiten enthüllte dieser Tage ein gefeuerter Manager von Coca-Cola bei einem Prozess vor dem Arbeitsgericht in Rio.

Coca-Cola lag letzthin mit 48,5 Prozent Anteil am brasilianischen Markt unverändert an der Spitze des Feldes, mit kümmerlichen 4,5 Prozent bildet Pepsi heute nach zwei vergeblichen Durchstart-Versuchen das Schlusslicht der Branche.

Den ersten ihrer beiden Vorstöße im Cola-Krieg riskierte die Gruppe schon 1987: Einer ihrer Chefverkäufer schlug einem früheren Arbeitskollegen bei Coca-Cola vor, ihm gegen Bares geheime Firmeninformationen zu verkaufen. Nach Rücksprache mit seinen Vorgesetzten ging der angesprochene Mitarbeiter auf den Vorschlag ein - lieferte aber gegen echte Dollar falsche Dokumente.

Korruptionsversuch

Derweil ließ Coca-Cola alle Telefonate zwischen den beiden Verschwörern aufzeichnen und fertigte später auch ein Video von der Übergabe der Bestechungssumme an. Kopien aller Beweismittel gingen dann an die Konzernspitze von Pepsi, um den Konkurrenten durch seinen Korruptionsversuch zu diskreditieren.

Sieben Jahre später setzte Pepsi erneut (und diesmal legal) zum großen Sprung nach vorn an - doch bei Coca hatte man die ältere Affäre nicht vergessen. Die Marke Pepsi wurde in Brasilien damals von der argentinischen Baesa-Gruppe gemanagt. Unter Führung des Amerikaners Charles Beach investierte diese eine halbe Milliarde Dollar in funkgesteuerte Logistik und elektronische Abrechnungsverfahren, um ihren damaligen Marktanteil im großen Nachbarland von sieben auf 30 Prozent zu stemmen. Anfangs schien die Rechnung in diesem Vabanque-Spiel aufzugehen: Der Pepsi-Absatz in Brasilien kletterte kurz nach der Währungsreform von 1994 um 60 Prozent, der Marktanteil stieg schon im ersten Quartal nach Anlauf der Offensive auf immerhin elf Prozent.

Doch dann ging Baesa finanziell der Atem aus: Sechs Monate später meldete das Unternehmen einen Verlust von 250 Millionen Dollar und bald darauf Konkurs an. Dabei wäre es wohl geblieben, hätte nicht der inzwischen abgeschobene Coca-Cola-Manager bei seinem jetzigen Schadenersatzprozess auch Beweise dafür vorgelegt, dass ein Geheimagent bei Pepsi alle strategischen Entscheide von Baesa-Chef Beach sofort telefonisch an den ewigen Rivalen weitergab, der die Schlacht damit für sich entschied.

Coca-Basis?

Trotz seiner beiden Etappensiege hat der Marktführer inzwischen jedoch bereits andere Sorgen: Ein weiterer ausschlaggebender Manager versorgt derzeit Polizei, Staatsanwälte und Lebensmittelämter mit Hinweisen darauf, dass der weltberühmte braune Trank seinen Namen womöglich zu Recht trage: Er bestehe zum Teil aus einem Blättersud der Rauschgiftpflanze.

Bei den "kleinen Fischen" der Branche reibt man sich derweil ob dieser Wendung im Cola-Krieg Südamerikas freudig die Hände. (Lorenz Winter, DER STANDARD, Printausgabe 8.11.2000)