Wien - Die Electricité de France (EdF) will mehr aus ihrer strategischen Beteiligung an der steirischen Energieholding Estag machen. Zugleich dementiert der französische Staatsriese Gerüchte, dass die EdF sich vom Engagement in der grünen Mark viel mehr erwartet hat. "Ich habe nicht das Gefühl, dass Paris unzufrieden ist, aber der Estag hat die Ambition gefehlt", räumt der neue Estag-Vorstand Hubert Jeneral ein. Der gebürtige Österreicher ist der EdF-Mann bei den Steirern und soll die Schlagkraft von Vertrieb und Marketing stärken.

In Kürze soll die erste Erhebung über die Zufriedenheit der Kunden und die Bekanntheit der Strommarke Select vorliegen. "Der Bekanntheitsgrad ist angesichts des hohen Kommunikationsaufwands nicht so, wie wir uns das wünschen würden", so Jeneral. Er ließ durchblicken, dass die Estag in Österreich eine Zwei-Marken-Strategie fahren könnte. Ob Paris mit der von der Energie Baden-Württemberg (die EdF hält eine Sperrminorität) entwickelten Marke Yellow antreten werde, ließ der Ex-Renault-Österreich-Manager offen.

Fix sei nur eins: "Wir werden in Österreich nicht als EdF auftreten." Das würde dem staatlichen Atomstromriesen wegen der hierzulande breiten Ablehnung der Nuklearenergie wohl kaum Kunden in die Arme treiben, obwohl die Franzosen zugleich weltgrößter Wasserkraftstromproduzent sind.

Liberalisierungssaldo

Trotz notwendiger Verbesserungen beim Marktauftritt sei der Liberalisierungssaldo bei der Estag positiv, man habe zwar einige Industriekunden an andere Versorger verloren, dafür im Stromhandel aber mehr neue Kunden gewinnen können. Mit der kompletten Marktöffnung im Oktober des kommenden Jahres muss die Vertriebsstrategie auf Schiene sein. "Der Markt wird viel schneller gehen, als viele erwarten. Man wird in Joint Ventures viel flexibler agieren müssen, um das Tempo mithalten zu können."

Dass die Bestellung eines gebürtigen Österreichers die Chancen der Steirer verbessern könnte, bei der Teilprivatisierung der Energie AG Oberösterreich (EAG) mitmachen zu können, kann Jeneral so nicht nachvollziehen. Derzeit verhandle die Estag mit dem Verbund darüber, ob man sich an dessen Anbot für die EAG beteiligen werde.

Jeneral erteilte auch dem Angebot des Verbunds eine Absage, der Estag ihr rund sechsprozentiges EVN-Aktienpaket abzukaufen. Verbund, EAG und Estag haben ihre Sperrminorität bei der EVN syndiziert. Der Verbund will den Einstieg bei der EAG mit dem Verkauf der EVN-Anteile aller drei Pakt-Teilhaber finanzieren. "Wir haben keine Veranlassung, aus den Syndikatsverträgen auszusteigen. Die Oberösterreicher übrigens auch nicht." (rose, DER STANDARD, Printausgabe 9.11.2000)