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Sarajewo - Vor den Parlamentswahlen in Bosnien-Herzegowina am Samstag wird ein Mann vom Westen besonders favorisiert: Zlatko Lagumdzija. Seine Sozialdemokratische Partei von Bosnien-Herzegowina (SDP) ist nämlich die einzige, die gegenüber der von den Nationalisten betriebene Trennung von bosnischen Moslems (Bosnjaken), Serben und Kroaten ein betont multiethnisches Programm vertritt. Ob Lagumdzija bei den Parlamentswahlen in Bosnien-Herzegowina am Samstag wirklich die von der Weltgemeinschaft erhofften große Gewinne einfährt, ist fraglich. Obwohl in seiner Partei Funktionäre aller drei Volksgruppen vertreten sind, gilt die SDP bei bosnischen Serben und Kroaten als "bosniakische" Partei. Dass zu den Forschungsinteressen des 44-jährigen Informatik-Professors der Bereich "Unterstützungssysteme für Gruppenentscheidungen" zählt, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Schließlich ist der eloquente Zlatko Lagumdzija als Politiker auf einem Gebiet tätig, wo es auf Grund der Differenzen zwischen den drei Volksgruppen vor allem an Gruppenentscheidungen mangelt. Die Hoffnungen der internationalen Gemeinschaft basieren auf den Kommunalwahlen vom April, bei denen die Sozialdemokraten zumindest im moslemisch dominierten Teil Bosniens Gewinne verzeichnen konnten. Damit wurde der Partei der Demokratischen Aktion (SDA) von Alija Izetbegovic ein Dämpfer versetzt. Seit den Parlamentswahlen von 1998 hält die SDP im gesamtbosnischen Parlament sechs von 42 Sitzen, in dem der Moslemisch-Kroatischen Föderation 25 von 143 und der Republika Srpska zwei von 83 Mandaten. Der Bosniake Lagumdzija war einst Mitglied beim Kommunistischen Bund Jugoslawiens. Vor den ersten Mehrparteienwahlen im Jahr 1990 gehörte er zu den Mitbegründern der bosnischen Nachfolgepartei SDP. Sein Vater war früher Bürgermeister von Sarajewo. Er selbst studierte 1989 in den USA, ehe er an der Universität Sarajewo einen Lehrauftrag annahm. 1993 verletzte ihn eine Granate, die in der von serbischen Verbänden belagerten Stadt einschlug. Nach einer ärztlichen Behandlung in der schwedischen Hauptstadt Stockholm kehrte er noch im Krieg zurück. Zu Beginn des Bosnien-Kriegs war er Vizechef der Regierung in Sarajewo gewesen. (APA)