Wien - Die österreichische Kreditwirtschaft rebelliert gegen das geplante Kapitalmarktoffensivegesetz (KMOG), insbesondere gegen die vorgesehene Besteuerung von Substanzgewinnen von inländischen Investmentfonds ab 2001. Sie kritisiert dabei sowohl die knappe Begutachtungsfrist des Gesetzesentwurfs von nur drei Werktagen als auch Inhaltliches. "Kontraproduktiv" "Es ist nicht einzusehen, warum die Spekulationsertragssteuer, die ursprünglich über den gesamten Kapitalmarkt hätte reichen sollen, aus dem Gesetz eliminiert wird und der Rechtszustand vor dem Steuerreformgesetz 2000 wieder hergestellt wird, dies aber für die Fonds nicht gelten soll", wettert der Syndikus der Kreditsektion in der Wirtschaftskammer Österreich, Herbert Pichler, bei einem Pressegespräch Donnerstag Abend. "Das ganze hat mit Kapitalmarktförderung nichts zu tun, sondern ist kontraproduktiv." Mehraufwand im dreistelligen Millionenbereich Der Erstentwurf zur Einführung der Spekulationsertragssteuer (SpESt) - der vor allem die Spekulationsfrist bei Aktiengewinnen auf zwei Jahre verlängern sollte - wurde von den Instituten mit dem Argument, die Banken müssten als verlängerter Arm des Finanzamts öffentliche Aufgaben übernehmen sowie dem hohen EDV-Aufwand im Frühjahr diese Pläne durch Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu Fall gebracht. Die neue Abzugsbesteuerung würde aber einen ähnlichen Verwaltungsaufwand wie die vom VfGH aufgehobene SpESt verursachen, befürchten die Kapitalanlagegesellschaften (KAG). Ein Mehraufwand im dreistelligen Millionen-Schilling-Bereich wäre die Folge, sagte Martin Greil, Sprecher der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG). Es scheint so, als sollten die KAGs den Entfall von rund 800 Mill. S (58,1 Mill. Euro) Einnahmen durch die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer finanzieren. Wenn das Gesetz das Parlament passiert, sollen sie bereits ab 1.1.2001 fünf Prozent der jährlichen Aktiensubstanzgewinne abführen. "Bloße Wunschvorstellung, die neue Steuer bringt maximal 300 Mill. S", so Greil, der dies mit einem Absatzvergleich untermauert. Durch die neue einseitige Besteuerung - noch dazu im europäischen Alleingang - werde sich die Tendenz zu ausländischen Fonds verstärken. Es sei zu erwarten, dass Anleger in ausländische Fonds umschichten, was durch Internet noch leichter geworden sei, und den heimischen Instituten dadurch Depotgeschäfte entgehen, warnt Pichler. "Und wer bisher auf die Versteuerung von Erträgen aus ausländischen Fonds 'vergessen' hat, wird dies auch weiterhin tun." "Technisch nicht möglich" Auch sei die Umsetzung bis Jahresende technisch unmöglich. Die Kapazitäten der EDV-Abteilungen der Banken seien u.a. wegen der Euro-Umstellung gebunden. Ein weiteres Fragezeichen ist, ob der Anleger, der bei Veräußerung seiner Anteilsscheine einen Verlust macht, eine bereits bezahlte KESt auf Substanzgewinne retour bekommt. (APA)