Dresden/Prag - Tschechiens Frächter verlangen von Österreich Entschädigung in drei-stelliger Millionenhöhe. Dadurch sollen Verluste durch die Grenzblockaden der österreichischen Temelín-Gegner ausgeglichen werden. Cesmad, der Dachverband der tschechischen Transporteure, der rund zweitausend Mitglieder vertritt, hat laut Angaben seines stellvertretenden Generalsekretärs Martin Sprynar bei der österrei-chischen Polizei vorerst Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Sollte ein "konkreter Organisator der Anti-Temelín-Blockaden" festzustellen sein, werde man sich direkt an diesen halten. Führe das nicht zum Erfolg, sei die Regierung in Wien der nächste Ansprechpartner. "Vertragsverletzung" Auch wenn die Blockaden der Grenzübergänge endgültig beendet werden (Temelín-Gegner stellten eine Wiederaufnahme in Aussicht), wollen die Transporteure nicht von ihrer Anzeige Abstand nehmen. Schließlich handle es sich bei den Aktionen um "Verletzungen internationaler Verträge", meinte Sprynar. Bis zu umgerechnet neun Millionen Schilling (654.000 Euro) gehen den Transporteuren laut eigenen Angaben täglich verloren. Sie hatten mehrfach erklärt, ihnen gehe es nicht um Stellungnahmen für oder gegen das AKW, sondern um das wirtschaftliche Überleben ihrer ohnehin oft am Rande der Rentabilität arbeitenden Betriebe. Über kräftige Ausfälle klagen auch grenznahe Geschäfte sowie dort ansässige Exporteure, die ihre Erzeugnisse vornehmlich nach Österreich verkaufen. Den kräftigen Einbruch der Kurse an der Prager Börse seit der vergangenen Woche bringen viele Experten zumindest teilweise ebenfalls mit den Grenzblockaden in Verbindung. Vor allem die Tschechischen Energiewerke CEZ, Bauherren und Betreiber des AKW Temelín, mussten starke Verluste hinnehmen. Ob sich andere von den Grenzblockaden betroffen gewesene Branchen der Anzeige von Cesmad anschließen werden, ist bisher unklar. Juristen geben dem Bemühen um Entschädigung allerdings nur eine geringe Chance. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11./12.11.2000)