Afrika
Sierra Leone: Waffenstillstand vereinbart
RUF will sich an Entwaffnungsprogramm der UNO beteiligen
Abuja - Nach neun Jahren Bürgerkrieg gibt es neue Hoffnung auf ein Ende der Gewalt in dem westafrikanischen
Staat Sierra Leone. Die Regierung in Freetown und die Rebellen der "Revolutionären Vereinigten Front" (RUF) einigten sich in der
nigerianischen Bundeshauptstadt Abuja auf eine dreißigtägige Waffenruhe. Die Regierung teilte in einer im Rundfunk verlesenen Erklärung mit,
die Feuerpause werde kurz vor Mitternacht beginnen. Laut der Vereinbarung sollen beide Seiten alle Feindseligkeiten
einstellen. Zudem erklärten sich die RUF-Rebellen bereit, mit einem UNO-Entwaffnungsprogramm zu kooperieren.
Die UNO-Truppen sollen die Einhaltung der Vereinbarung überwachen. Sie sollen auch in Gebieten der Aufständischen stationiert werden,
sofern sie sich von einer Waffenruhe überzeugt haben. Die Regierung soll später die Kontrolle über das gesamte Territorium des Landes
erhalten. An den Verhandlungen nahmen neben Regierungsvertretern eine siebenköpfige RUF-Delegation teil sowie Repräsentanten der
Vereinten Nationen und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS).
"Keine Garantie, das dies das Ende des Krieges bedeutet"
RUF-Führer Jonathan Kposowa nannte das Abkommen eine Grundlage für den Befriedungsprozess, betonte aber, er könne "nicht
garantieren, das dies das Ende des Krieges bedeutet". Eine Aussage über einen möglichen Rückzug der Rebellen aus den einträglichen
Diamantenminen des Landes verweigerte er. "Statt Lösungen für die Probleme zu finden, reden sie ständig von Diamanten, Diamanten,
Diamanten", kritisierte er die Regierung.
Die Forderung nach Freilassung des inhaftierten RUF-Gründers spielte erstmals keine Rolle in den Verhandlungen. "Die Freilassung von
Foday Sankoh ist sehr, sehr wichtig für die RUF, aber im Moment wollen wir den Punkt erst einmal vergessen", sagte Kposowa am frühen
Samstagmorgen. Der britische Außenminister Robin Cook äußerte sich zurückhaltend über die Vereinbarung. Die 600 britischen Soldaten in
dem Commonwealth-Land würden die Einhaltung der Abmachung aufmerksam verfolgen, sagte er in London und verwies darauf, dass die
RUF bereits häufiger Abmachungen gebrochen habe, zuletzt im Mai.
Weltweit größte UNO-Friedenstruppe stationiert
In der Republik Sierra Leone ist gegenwärtig die weltweit größte UNO-Friedenstruppe im Umfang von 13.000 Soldaten stationiert. Indien
und Jordanien haben jedoch bereits angekündigt, ihre Kontingente bald abzuziehen. Ein UNO-Sprecher sagte in Freetown, dennoch werde
es kein Machtvakuum geben, da Soldaten aus Ghana und Nigeria als Ersatz in einigen Landesteilen stationiert würden.
Während des langjährigen Bürgerkrieges sind Zehntausende getötet und zahllose weitere von den RUF-Rebellen mit beispielloser
Grausamkeit verstümmelt worden. Mehr als ein Viertel der 4,2 Millionen Bewohner des Landes wurden durch die Kämpfe aus ihren Häusern
vertrieben. Auch nach dem 1999 in der togolesischen Hauptstadt Lome' unterzeichneten Friedensvertrag kontrollieren die Rebellen gut die
Hälfte des Landes. In ihrem Gebiet liegen auch die sehr ergiebigen Goldminen. Als UNO-Blauhelme im Mai zur Überwachung des
Friedensvertrags in diese Regionen vordrangen, wurden sie von den Rebellen in heftige Kämpfe verwickelt. Mehrere Hundert UNO-Soldaten
wurden entführt. (APA/AP/Reuters)