Sarajewo - Ohne nennenswerte Zwischenfälle sind am Samstag Bosnien-Herzegowina die dritten Parlamentswahlen seit der Unterzeichnung des Dayton-Vertrags abgehalten worden. Bestimmt wurden das gesamtbosnische Parlament sowie die Volksvertretungen der beiden Landesteile, der moslemisch-kroatischen Föderation und der Republika Srpska. In der moslemisch-kroatischen Föderation wurden auch zehn Kantonalversammlungen gewählt, in der Serbischen Republik zudem der Präsident und der Vizepräsident des Landesteiles. "Es ist alles völlig ruhig verlaufen", erklärte Henriette Schröder von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die als Wahlorganisator auftritt. Auch in der Republika Srpska seien die Wahlen abgesehen von "vereinzelten Problemen" korrekt gewesen, so Schröder. Die OSZE wird erste Ergebnisse nicht vor Montag veröffentlichen, aus Parteikreisen könnten bereits am Sonntag erste Trends bekannt werden. Für erheblichen Unmut sorgte bei der Internationalen Gemeinschaft jedoch ein "Referendum" der HDZ "Kroatische Demokratische Gemeinschaft" über den Status der kroatischen Bevölkerung in der Föderation. "Sollen die Kroaten gleichberechtigt sein?", lautete die Frage. Internationale Beobachter deuteten dies als Versuch der Kroaten, in Bosnien-Herzegowina eine eigene Entität anzustreben. Weiters wurde vermutet, dass die HDZ auf diesem Wege versuchte, die kroatische Bevölkerung zur Stimmabgabe zu bewegen. Allerdings war die Beteiligung in den kroatischen Gebieten eher gering, da es kaum eine Alternative zur nationalistischen HDZ gibt. Hintergrund der "Volksabstimmung" ist auch eine vor drei Wochen erfolgte Änderung der Wahlbestimmungen, wonach die Kandidaten für das Parlament der Moslemisch-Kroatischen Föderation von Bosniaken und Kroaten gemeinsam und nicht wie bisher nach ethnischen Kriterien bestimmt werden sollen. Da die moslemische Bevölkerung in der Föderation deutlich in der Überzahl ist, befürchten die Kroaten, dass ihr politischer Einfluss schwinden könnte. Das "Referendum" wird international nicht anerkannt. Die OSZE sieht darin eine Verletzung der "Wahlruhe", die politische Aktivitäten im Zeitraum von 24 Stunden vor dem Wahltermin verbietet. Schröder: "Sie hätten das so genannte Referendum eine Woche vor oder eine Woche nach den Wahlen abhalten können." Insgesamt kandidierten 44 Parteien und ein Bündnis. Wahlberechtigt waren 2,5 Millionen Bürger. Der Wahlverlauf wurde von 760 OSZE-Beobachtern sowie von einer 21-köpfigen Delegation der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und einer Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates beobachtet werden. Es waren die letzten Wahlen in Bosnien-Herzegowina, die von der OSZE veranstaltet und finanziert werden. Die Wahlkosten belaufen sich auf umgerechnet 140 Millionen Schilling (10,17 Mill. Euro). In der Föderation wurde der vom Westen favorisierten postkommunistischen Sozialdemokratischen Partei (SDP) von Zlatko Lagumdzija die Favoritenrolle eingeräumt. In der Republika Srpska dürfte wieder die ehemalige Karadzic-Partei SDS (Serbische Demokratische Partei) die Oberhand behalten. Ihr größter Konkurrent ist die Partei des Demokratischen Fortschritts (PDP) des als gemäßigt geltenden Mladen Ivanic. Beobachtern zufolge könnten die beiden Parteien nach den Wahlen aber auch eine Koalition eingehen. (APA)