Sarajewo/Wien - Für erhebliches Aufsehen sorgte indes der Chef der
nationalistischen kroatischen HDZ (Kroatische Demokratische
Gemeinschaft), Ante Jalavic. Er erklärte bei einer Veranstaltung in
Mostar, dass die HDZ die Administration der Internationalen
Gemeinschaft nicht länger anerkennen wolle. "Wir dulden keine
Verwaltung, die Bosnien in eine Gesellschaft verwandeln will, in der
die Kroaten keinen Platz haben." Heftige Attacken ritt Jelavic vor
allem gegen den internationalen Bosnien-Beauftragten Wolfgang
Petritsch, den Chef der OSZE-Mission, Robert Barry, und
UNO-Koordinator Jacques Klein: "Petritsch, Barry und Klein sind
Geschichte."
Die HDZ hatte parallel zu den Wahlen ein von den internationalen
Behörden nicht anerkanntes Referendum über den Status der kroatischen
Bevölkerung organisiert. "Sollen die Kroaten gleichberechtigt sein?",
lautete die Frage. Beobachter deuteten dies als Versuch der Kroaten,
in Bosnien-Herzegowina eine eigene Entität anzustreben. Die HDZ hatte
Ende Oktober gemeinsam mit extremistischen kroatischen Parteien in
Novi Travnik eine Resolution verabschiedet, wonach die Verfassung,
die Gesetzgebung und die territoriale Aufgliederung
Bosnien-Herzegowinas neu geregelt werden müsse.
Seitens der internationalen Gemeinschaft wurde vermutet, dass die
HDZ auf diesem Wege versuchte, die kroatische Bevölkerung zur
Stimmabgabe zu bewegen. OSZE-Sprecherin Schröder erklärte am Sonntag
jedoch, die Wahlbeteiligung sei in den kroatischen Landesteilen weit
unter dem Landesschnitt gelegen. Unter den Kroaten gilt
Wahlenthaltung praktisch als einzige Form des Protestes gegen
nationalistische Tendenzen, weil es in ihrem Parteienspektrum
praktisch keine Alternative zur HDZ gibt.
Hintergrund der "Volksabstimmung" ist auch eine vor drei Wochen
erfolgte Änderung der Wahlbestimmungen, wonach die Kandidaten für das
Parlament der moslemisch-kroatischen Föderation von Bosniaken und
Kroaten gemeinsam und nicht wie bisher nach ethnischen Kriterien
bestimmt werden sollen. Da die moslemische Bevölkerung in der
Föderation deutlich in der Überzahl ist, befürchten die Kroaten ein
Schwinden ihres politischen Einflusses. Die OSZE sah in dem
Referendum eine Verletzung der "Wahlruhe", die politische Aktivitäten
im Zeitraum von 24 Stunden vor dem Wahltermin verbietet. (APA)