Keine Frage, die Spitzelaffäre ist unappetitlich. Sie macht deutlich, welcher Geist in der FPÖ vorherrscht und mit welcher Abgebrühtheit hier offensichtlich Grundrechte verletzt wurden - so zumindest die Verdachtslage.

Aufklärung tut Not. Dennoch werden wir der Empfehlung des Immunitätskollegiums, die FP-Mandatare Kabas und Kreißl auszuliefern, nicht nachkommen. Wir werden uns allerdings auch nicht bei der heutigen Landtagssitzung schützend vor die beiden Herren werfen und gegen ihre Auslieferung stimmen. Wir werden vielmehr unsere Sitzbänke verlassen, um zu dokumentieren, dass weder die Aushöhlung der Immunität noch die Vorgangsweise des Herrn Kabas aus liberaler Sicht akzeptabel ist.

Die Immunität ist kein Privileg eines einzelnen Abgeordneten, der alleine darüber entscheiden kann, ob er sie will oder nicht. Die Immunität hat zum Ziel, das Parlament als Ganzes vor Regierungs-und Justizwillkür zu bewahren. Das ist der wahre Sinn der Immunität - ob's uns jetzt anlässlich des Falles Kabas gefällt oder nicht!

Die Liberalen haben weder im Landtag noch im Parlament jemals einem Auslieferungsbegehren zugestimmt - und zwar aus prinzipiellen, rechtsstaatlichen Gründen. Und sie sind auch jetzt nicht bereit, ihr Wertesystem über Bord zu werfen - zumal gerade in Zeiten wie diesen eine Aushöhlung der Immunität fatale Folgen haben könnte. Nur zur Erinnerung: Der, der Jörg Haider Recht gab, als dieser meinte, es sei durchaus überlegenswert, Politiker rechtlich zu belangen, die Österreich im Ausland "schlecht machen", war Justizminister Böhmdorfer. Der gleiche - unabhängige (?) - Minister Böhmdorfer, der auch meinte, Jörg Haider sei in seinen Augen im Zusammenhang mit der Spitzelaffäre über jeden Verdacht erhaben.

Spiel mit dem Feuer

Gerade unter einem solchen Justizminister, gegen den binnen weniger Monate bereits vier Misstrauensanträge im Parlament eingebracht wurden, mit der jahrelangen Tradition der Nichtauslieferung von Abgeordneten zu brechen, ist brandgefährlich. Denn wie weit ist der Weg von einem Minister, der Dinge nicht so gemeint haben will, wie er sie gesagt hat, zu einer neuen Politjustiz, in deren Mittelpunkt dann aber nicht ein Herr Kabas oder ein Herr Kreißl, sondern auch Politiker anderer Fraktionen stehen könnten? Und was dann, liebe Auslieferungsbefürworter von der grünen Fraktion?

Offensichtlich ist, dass die derzeitigen Bestimmungen zur Politiker-Immunität nicht deutlich und vor allem nicht eindeutig genug sind. Daher werden wir auch eine Enquete beantragen, die eine offene Diskussion über die Zeitgemäßheit der derzeitigen Immunitätsgesetze ermöglichen soll.

Aber es ist ein feiner Unterschied, ob man Gesetze anlassbezogen aushöhlt oder sie prinzipiell hinterfragt - ein Unterschied, auf den offenbar nur Liberale Wert legen.

Alexandra Bolena ist Vorsitzende des Liberalen Forums in Wien.