Wie sehr sich in den vergangenen vier Jahrzehnten die Grenzen der Theater-Sprechkultur weg von einer Kunstsprache und in Richtung Alltagssprache und "Natürlichkeit" verschoben haben, lässt sich ab 19. November in der Ö1-Radiosendung "Patina - Kostbares aus dem Archiv" verfolgen. Jeweils sonntags um 9.05 Uhr verschaffen sich darin "berühmte Stimmen" Gehör, teilte der ORF in einer Aussendung mit. Die ersten fünf Folgen sind Käthe Gold (19. November), Egon Jordan (26. November), Hedwig Bleibtreu (3. Dezember), Ernst Deutsch (10. Dezember) und Therese Giese (17. Dezember) gewidmet. Gold begründete ihren Ruf mit der hochartifiziellen Musikalität ihrer Stimme, einem virtuosen Umgang mit Tonhöhen, Druck, Nachdruck und Verhauchen. Trotzdem galt sie als "natürliche" Schauspielerin, verglichen etwa mit Hedwig Bleibtreu, die ihre Worte formte, als müsste sie sie aus einem Granitblock herausmeißeln. Was den einen als pathetische Deklamationstechnik abstößt, mag dem anderen von der Sinnebene unabhängige musikalische Ebenen erschließen und sprachliche Qualitäten enthüllen, die seinem Ohr sonst entgangen wären. (APA)