Wien - Jeden Sommer gibt es Ozon-Warnungen. Doch niemand wusste bisher, wie sich das vor allem durch Autoabgase entstehende Reizgas langfristig auf Kinder auswirkt. Österreichische Wissenschafter haben die Antwort darauf. "Insgesamt zeigen unsere Daten, dass eine wiederholte Ozon-Belastung das Wachstum der Lunge von Kindern negativ beeinflusst", schrieben jetzt Univ.-Prof. Dr. Thomas Frischer von der Universitäts-Kinderklinik in Wien am AKH und die Co-Autoren einer Langzeit-Studie in der neuesten Ausgabe des angesehenen "European Respiratory Journal". Frischer und sein Team haben in den Jahren 1994 bis 1996 insgesamt 797 Kinder im Durchschnittsalter von 8,2 Jahren insgesamt sechs Mal auf ihre Lungenkapazität untersucht. Frischer: "Der Mensch hat ein Atemvolumen, eigentlich nennt man das die Vitalkapazität, von ein bis zwei Litern. Zwischen dem achten und dem zehnten Lebensjahr wächst diese Vitalkapazität um rund 40 Prozent." Ozonwerte im Sommer höher Die Wissenschafter untersuchten diese Entwicklung bei den Schulkindern in den Jahren 1994, 1995 und 1996. Sie unterzogen sich jeweils zwei Mal jährlich Lungenfunktionsprüfungen: vor und nach dem Sommer. Im Sommer sind ja die Ozonwerte wesentlich höher als im Winter. Die Messwerte aus den Lungenfunktionsprüfungen wurden genauen Ozon-Tests in neun österreichischen Gemeinden in Niederösterreich und der Steiermark gegenüber gestellt. Es handelte sich dabei um Gemeinden mit durchschnittlich niedrigen oder hohen Ozonwerten. Hier die Testpunkte samt den Ozon-Durchschnittswerten (Halbstunden-Mittelwerte über 24 Stunden hinweg) in den Jahren 1994 bis 1996 und der Anzahl der Tage, an denen der Wert von 60 ppb (parts per billion) überschritten wurde:
  • Amstetten: 18,5 ppb (Durchschnitt); 44 Tage mit Erreichen von 60 ppb
  • St. Valentin: 19,7 ppb; 78 Tage
  • Krems: 20,4 ppb; 57 Tage
  • Heidenreichstein: 29,8; 50 Tage
  • Gänserndorf: 25,5 ppb; 81 Tage
  • Mistelbach: 27,0 ppb; 66 Tage
  • Wiesmath: 37,9 ppb; 99 Tage
  • Bruck/Mur: 30,8; 96 Tage
  • Pöllau: 39,1; 61 Tage
Die Maßzahlen: 50 ppb an Ozon entsprechen 100 Mikrogramm (Mikrogramm: Millionstel Gramm) oder 0,100 Milligramm (Tausendstel Gramm). Wachstumsreduktion um fünf Prozent Prof. Frischer über die Ergebnisse: "Jene Kinder, die aus Regionen stammten, die im Sommer durchschnittlich 44 bis 52 ppb an Ozonwerten aufwiesen, hatten im Durchschnitt (in dieser Zeit, Anm.) ein um 170 Milliliter geringeres Wachstum der Vitalkapazität als Kinder aus Gegenden mit weniger, also geringer Ozonbelastung." Das entspricht einer Reduktion diese Wachstums um fünf Prozent. Die Kinder in den stärker mit Ozon belasteten Regionen holten laut den Untersuchungen zwar jeweils in ihrem Lungenwachstum in den Wintermonaten wieder auf, ganz schloss sich aber diese Lücke nie. Der Wiener Lungenspezialist an der Kinderklinik betont aber, dass die Angelegenheit nicht gefährlich sei: "Das verursacht keine Symptome. Man kann sich auch kaum davor schützen." Zusätzliche Schädigungen meiden Die einzige - mögliche - Konsequenz laut Prof. Frischer: Bei zusätzlichen Schädigungen wie schweres Rauchen etc. könnten die betroffenen Kinder in späteren Lebensjahrzehnten eventuell eher eine chronische Bronchitis entwickeln als bei weniger Ozon-Belastung in der Kindheit. Spekuliert wird unter Lungenspezialisten auch, ob man eventuell durch die Einnahme von Vitamin E und/oder Vitamin C als Substanzen die Wirkung des Reizgases hemmen könnte. Ozon führt zu einem Oxidations-Stress in der Lunge. Vitamin und Vitamin C gelten als Substanzen, die genau diese Schädigung bremsen können. Doch wirklich bewiesen ist das nicht. (APA)