Wien - "Ich rühr' mein Sparbuch nicht an. Ich weigere mich, etwas zu ändern. Fünfzig Jahre war's gut und jetzt ist es auf einmal schlecht?" Der rüstige 70-Jährige ist verunsichert: "Das versteh' ich nicht."

Was muss uns die Aufhebung der Sparbuch-Anonymität kümmern? Diesem Thema lauschten am Dienstagabend zahlreiche ältere Gäste, die der Einladung der Creditanstalt und der Eurag (Europäische Arbeitsgemeinschaft für Menschen ab der Lebensmitte) in das Haus am Schottenring gefolgt sind, das heute als "alte Börse" firmiert.

Geduldig versucht der CA-Produktmanager Reinhard Lagler die Unterschiede zwischen dem Sparbuch "alt" und "neu" zu erklären. "Das alte, anonyme Sparbuch ist nicht schlechter als das neue, identifizierte. Es hat nur rechtliche Konsequenzen", betonte Lagler und fasst kurz zusammen: Auf anonymen Sparbüchern sind keine Einzahlungen mehr möglich und ab Juli 2002 kann nur nach Identifizierung Geld behoben werden. Wird ein Sparbuch mit einem Guthaben über 200.000 S dann nicht identifiziert, ergeht automatisch eine Meldung an die Einsatztruppe zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (Edok).

Das lässt manche Zuhörer aufhorchen. "Hat es Sinn, das Sparbuch zu splitten?", fragt einer. Lagler: "Warum? Um sich die Meldung an die Edok zu ersparen? Ich weiß, die Edok ist negativ besetzt, aber die Meldung ist ein reiner Formalakt." Einwand vom Diskussionsleiter: "Ich finde diese Edok-Meldung - gerade in Zeiten der Spitzelaffäre - höchst unappetitlich, ich will das keinesfalls." Lagler kontert: "Ich werde es als Bank nicht verhindern können, aber ich werde Ihnen sicher nicht aktiv zu einem Splitting raten." Doch sobald das Sparbuch identifiziert sei, sei auch die Edok-Meldung obsolet, verweist der Experte auf den legalen Ausweg.

Er warnte aber auch vor Problemen: etwa, wenn der Betrag am identifizierten "Kleinbetragssparbuch" 200.000 S überschreitet. Dann kann nämlich nur der zuletzt Identifizierte Geld beheben. Sparbuch und Losungswort reichen nicht aus.

Die Weitergabe von anonymen Sparbüchern ab dem 1. Juli 2002 sei verboten und ziehe Verwaltungsstrafe nach sich, warnt Lagler. Sein Tipp: Jetzt verschenken, denn noch zahlen Sie keine Schenkungssteuer.

"Wenn aber in zwanzig Jahren mein 18-jähriges Enkerl mit meinem alten, anonymen Sparbuch zu Ihnen kommt, was tut die Bank dann? Werde ich dann noch nach meinem Tod bestraft?", fragt sich der ältere Herr, der bis zum Schluss skeptisch bleibt - und resümiert dann schmunzelnd: "Das ist aber dann das Problem meiner Erben." (Astrid Kasparek, DER STANDARD, Printausgabe 16.11.2000)