Wien - Der Internationale Rat für Denkmalpflege ICOMOS (International Council on Monuments and Sites mit Sitz in Paris), hat erstmals eine rote Liste der bedrohten Kulturdenkmäler vorgelegt. "Heritage @ Risk" ist der Jahresbericht des 1999 gegründeten ICOMOS-Initiative Erbe-in-Gefahr, die künftig jährlich einen "Weltreport" über die bedrohten Denkmäler veröffentlichen will. Bei den globalen Trends, die weltweit eine Bedrohung des Kulturerbes darstellen, listet der Bericht auch die sich ändernde Rolle des Staates auf, der sich seiner Verantwortung zu entziehen sucht. Ebenso wie das sich verändernde Gleichgewicht zwischen den öffentlichen Werten und den privaten Interessen, dem globalen Trend einer Vereinheitlichung der Kultur, die Dominanz der globalen ökonomischen Interessen, das Anwachsen der Bevölkerung und der Armut. Hauptursachen sind jedoch der ökonomische und soziale Wandel, unzureichende Standards der Konservierung, Defizite bei der laufenden Erhaltung und der Massentourismus. Aufgelistet werden in der globalen Untersuchung neben den Zeugnissen des religiösen Erbes (das in den meisten Gesellschaften den größten Teil des Kulturerbes ausmacht), den Schlössern, Palästen und Herrenhäusern, auch das Industrielle Erbe, die Kulturlandschaften, die archäologischen Stätten und das Erbe des 20. Jahrhunderts. So wird für Deutschland etwa das 1968 für die Olympiade 1972 errichtete Münchner Olympiastadion angeführt, das durch Umbaupläne für ein Fußballstadion von der Zerstörung bedroht ist. Die ländliche und bäuerliche Architektur in Österreich verfällt In Österreich wird zuallererst das Augenmerk auf den akuten Verfallszustand von seit Jahrzehnten verlassenen Schlössern gelenkt, Burg Rotenturm im Burgenland oder Schloss Aurolzmünster in Oberösterreich. Am gravierendsten bedroht ist aber landesweit die ländliche und bäuerliche Architektur. Ein Land, das über zwei Dutzend außerordentlich differenzierte Hauslandschaften zwischen Boden- und Neusiedler See aufweisen konnte, sei unter massiven Beitrag der in vielen Regionen führenden Tourismusindustrie homogenisiert worden, wird geklagt. Als Alarmfall steht aber auch Schloss Klessheim auf der Liste, das durch ein das Umfeld und die Sichtachsen vernichtendes Fussballstadion-Projekt "@ Risk" geraten ist. Zu den erschütterndsten Bildern des Berichts zählen jene von Denkmälern im ehemaligen Jugoslawien und in Afghanistan, die durch den Krieg zerstört wurden oder durch unzureichende bzw. nicht vorhandene Instandhaltung vernachlässigt wurden. Hoffnungslosigkeit muss beim Bericht über den Zustand der historischen Felsenstadt Petra in Jordanien aufkommen - seit 1985 auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO. Skandalös schreitet der Verfall eines weiteren Weltkulturerbes voran: Pompeji. Für Ägypten wird die Restaurierung der Al-Azhar-Moschee in Kairo als Beispiel einer "Neu-Renovierung" beklagt, mit der der tausendjährige "Al Azhar" seinen ursprünglichen Geist, seine besonderen Stil als Fatamiden-Bau und seinen historischen Wert eingebüßt habe. Die Moschee wurde erneuert ohne Rücksicht auf das ursprünglich verwendete Material, die traditionellen Handwerkstechniken und das ursprüngliche Design, heißt es in dem Bericht: "Bedauerlicherweise war die Moschee ein Experimentierfeld für unqualifizierte Architekten und Bauunternehmer". (APA)