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ATV -Gesellschafter Kloiber: Nachdenken über ORF-Privatisierung ist "Aprilscherz"
Interesse an bundesweitem Privatradio - "Krone-TV" hält zumindest er für unwahrscheinlich - "Korsettstangen" für ORF notwendig
Der Filmhändler Herbert Kloiber, in Österreich am
Privat-TV-Sender ATV sowie am Wiener Lokalradio Energy 104,2
beteiligt, sieht der Einführung von terrestrischem Privatfernsehen in
Österreich optimistisch entgegen. Sollte die Regierung ihren Zeitplan
einhalten und bis zum Frühsommer 2001 ein Privat-TV-Gesetz vorlegen,
"würde uns das sehr zufrieden stellen", meinte Kloiber in einem APA-Interview. Auch an einer bundesweiten
Privatradiofrequenz bekundete Kloiber mögliches Interesse.
Denkbar wären darüber hinaus weitere Sender im Energy-Format in
österreichischen Ballungsräumen, so Kloiber. Voraussetzung dafür wäre
allerdings der Fall der Radiobeteiligungsgrenzen für
Medienunternehmer, wie er im vorliegenden Entwurf für das neue
Privatradiogesetz auch vorgesehen ist.
Auf dem Fernseh-Sektor will sich der gebürtige Österreicher
Kloiber ganz auf ATV konzentrieren, an dem er mit seiner Concorde
Media zu 26 Prozent beteiligt ist. Sobald eine terrestrische Frequenz
zur Verfügung steht, "werden wir uns sicher dafür bewerben - und ich
sehe auch niemand anderen, der das tun könnte". Tatsächlich würden
sich "die Politiker wundern, wie wenige Bewerber um die Frequenz es
geben wird", prognostizierte Kloiber. Dass die "Kronen Zeitung" ins
TV-Geschäft einsteigt, glaubt er nicht: "Ich halte es für
unwahrscheinlich, dass 'Krone-TV' kommt." "Krone"-Herausgeber Dichand
würde letztendlich die notwendigen Investitionen scheuen, so Kloibers
Einschätzung.
Der kleine TV-Markt Österreich, auf dem zudem zahlreiche deutsche
Privatsender präsent sind, biete durchaus Chancen für privates
Fernsehen via Antenne, meinte Kloiber. Der Erfolg dieses Unterfangens
steht und fällt für ihn aber mit der zukünftigen Position des ORF.
Wenn man "dem ORF die richtigen Korsettstangen einzieht", könnten
private Anbieter reüssieren. "Wenn man aber den ORF weiterhin 97
Prozent des Werbegelds abschöpfen lässt, braucht man erst gar keine
Frequenz auszuschreiben." Angesichts der Finanzierungsmöglichkeiten
des ORF durch Gebühren und Werbeinnahmen könne man "nicht mehr von
unfairem Wettbewerb sprechen - das ist gar kein Wettbewerb".
Im Mittelpunkt des neuen ORF-Gesetzes müsse daher das Bestreben
nach einem wettbewerbsfähigen Markt stehen. Dass im Zusammenhang mit
einer ORF-Reform die Privatisierung oder Vermietung eines ORF-Kanals
ins Spiel gebracht wurde, hält Kloiber "für einen der schlechtesten
Aprilscherze des Jahres. Das wird nie durchführbar sein". Realistisch
erscheine lediglich eine "Nachjustierung" des öffentlich-rechtlichen
Auftrags, die das gebührenfinanzierte Kernprogramm des ORF stärken
sollte, so Kloiber.
Gelassen beurteilte er die Pläne der Regierung für eine
Medienbehörde (KommAustria). Es sei höchst an der Zeit, die vom
Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig beurteilte
Privatrundfunkbehörde zu ersetzen. Die KommAustria müsse "staatsfern"
sein und über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um als Regulativ
wirken zu können. Als Kraftakt sei die Errichtung eines solchen
Gremiums aber nicht zu verstehen: "Eine Medienbehörde zu etablieren
ist so schwierig wie einen Fahnenmast aufzustellen", meinte Kloiber. (APA)