Beit Jala (dpa) - Der Tod des Deutschen Harald Fischer, der von einer israelischen Granate zerrissen wurde, hat ihn in den Augen seiner palästinensischen Nachbarn zum "Märtyrer" und Symbol ihres Leids gemacht. Der 68-Jährige, der als Physiotherapeut arbeitete, lebte bereits seit zwei Jahrzehnten unter ihnen in der Kleinstadt Beit Jala bei Bethlehem und hatte drei Kinder mit seiner Ehefrau Norma Istifan (45), einer christlichen Palästinenserin. Der Tod Fischers, der humanitäre Arbeit leistete, dürfte zu weiterer internationaler Kritik am israelischen Einsatz schwerer Geschütze gegen Bevölkerungszentren führen. Tausende von Palästinensern versammelten sich am Donnerstag um das bescheidene Haus Fischers in der von vielen Christen bewohnten, autonom verwalteten Stadt und sprachen der Familie ihr Beileid aus. Sie schwenkten dabei deutsche und palästinensische Fahnen. Auf einem Spruchband stand auf Deutsch: "Die Bewohner von Beit Jala trauern um den hilfsbereiten Märtyrer, Doktor Harry Fischer." In der Nähe des Hauses war noch am Donnerstag ein riesiger Blutfleck zu sehen, der auch Teile einer Hauswand bedeckte. Der Deutsche aus Gummersbach war nach Angaben seiner Familie Anfang der achtziger Jahre mit der Blinden- und Aussätzigenmission "Siloah" in die Palästinensergebiete gekommen, um dort humanitäre Arbeit zu leisten. Er heiratete in Beit Jala eine palästinensische Christin aus der Stadt. "Er hat sich auch in das Land verliebt", sagte seine 15-jährige Tochter Rafaella am Donnerstag. Das braunhaarige Mädchen, das noch sichtlich unter dem Eindruck des tragischen Vorfalls stand, erzählt vom Tod ihres Vaters. "Wir hatten während des Angriffs schreckliche Angst und haben uns unter der Treppe versteckt". Nachdem ihr Vater herausgerannt sei, um den Nachbarn zu helfen, hätten sie stundenlang nicht gewusst, was mit ihm geschehen sei. Nachbarn hätten sie erst in den frühen Morgenstunden von seinem Tod informiert. Die Ehefrau Norma, die wie ihre drei Kinder Deutsch spricht, sagte mit Tränen in den Augen: "Wir hätten nie gedacht, dass so etwas Schreckliches passieren könnte." Harald Fischer, der nach Angaben seiner Tochter auch kleinere Operationen ausführte, war bei seinen Nachbarn überaus beliebt. "Er war sehr freundlich, und die Leute hatten ihn gern", sagte der 37-jährige Nashat Samaan, ein Nachbar. Der Deutsche, der auch fließend Arabisch sprach, habe besonders armen und alten Menschen immer geholfen, häufig auch umsonst. Am Donnerstagnachmittag wurde Fischer auf dem lutherischen Friedhof in Beit Jala beigesetzt, in dem Ort, den er als neue Heimat gewählt hatte. Außenminister Joschka Fischer hat von Israel eine sofortige Aufklärung des Vorfalls verlangt. Am Rande der EU-Mittelmeerkonferenz in Marseille äußerte sich Fischer am Donnerstag vor Journalisten "schockiert und entsetzt" über den Tod des Arztes. Er habe vom israelischen Außenminister Shlomo Ben Ami eine sofortige Untersuchung des Vorfalls verlangt und ihm seine tiefe Besorgnis zum Ausdruck gebracht, sagte Fischer. (dpa/APA/AP)