Wien - Infrastrukturministerin Monika Forstinger besteht auf der Trennung der ÖBB in eine Infrastruktur- und eine Absatzgesellschaft. Mehr Argumente würden für als gegen die Zweiteilung sprechen, hieß es am Freitag in ihrem Büro auf Standard-Anfrage. Damit macht Forstinger eine Wende um 180 Grad. Ihr Vorgänger im Infrastrukturressort, Michael Schmid, hat erst vor wenigen Wochen eine Teilung der ÖBB als nicht zweckmäßig bezeichnet. Forstinger sieht das anders, will Details aber noch mit dem ÖBB-Vorstand und der Gewerkschaft besprechen. Geplant ist dem Vernehmen nach eine umfassende Neustrukturierung des Eisenbahnwesens, darunter das Zusammenlegen der verschiedenen Sondergesellschaften wie HL-AG oder Schienenfinanzierungsgesellschaft Schig mit der ÖBB-Infrastruktur. "Klare Verhältnisse" Dem österreichischen Vertreter bei den EU-Vermittlungsgesprächen hat Forstinger unterdessen die Weisung erteilt, vom Regulator als Garanten eines freien Schienenzugangs abzurücken. Bisher hatte sich Österreich zusammen mit Deutschland, Irland und Griechenland gegen eine gesellschaftsrechtliche Trennung der Bahnen gestemmt. Der Regulator sollte darüber wachen, dass auch Private Zugang zum Schienennetz erhalten und nicht diskriminiert werden. Das traut man dem Regulator jetzt doch nicht zu. Durch Gründung zweier selbstständig agierender Bahngesellschaften mit eigenem Vorstand und eigenem Personal will man nun für "klare Verhältnisse" sorgen. Den vor allem von Spediteuren geäußerten Verdacht der Quersubventionierung zwischen dem Infrastrukturbereich und der Absatzorganisation der Bahn sollte "ein für allemal ausgeräumt" werden. Gewerkschaft protestiert Die Eisenbahner können der geplanten Zerschlagung der ÖBB naturgemäß nichts abgewinnen. "Mit uns ist das sicher nicht zu machen", sagte der Chef der Eisenbahnergewerkschaft, Wilhelm Haberzettl. "Das macht keinen Sinn und würde mindestens 1,5 Milliarden Schilling kosten." (Günther Strobl, DER STANDARD, Printausgabe 18.11.2000)