Bern - Die Schweizer Regierung will beim Schwangerschaftsabbruch keine Regelung, die der Frau jedes Selbstbestimmungsrecht raubt. Sie lehnt die Volksinitiative "Für Mutter und Kind" ohne Gegenvorschlag ab und strebt weiter ein Schutzmodell mit obligatorischer Beratung an. Die Initiative "Für Mutter und Kind - für den Schutz des ungeborenen Lebens und für die Hilfe für seine Mutter in Not" wurde von einem Verein lanciert, dem in erster Linie aus Medizinal- und Pflegeberufen angehören. Mit einer äusserst restriktiven Regelung bekämpft sie die im Parlament diskutierte Fristenlösung. Nach der Initiative soll die Abtreibung nur straflos sein, wenn sich eine akute und körperlich begründete Lebensgefahr für die Mutter anders nicht abwenden lässt. Bei einer Vergewaltigung will die Initiative die Freigabe des Kindes zur Adoption erleichtern. Die Kantone sollen dafür sorgen, dass Müttern in Not geholfen wird. Botschaft der Regierung an das Parlament Bei diesem Regime hätte die schwangere Frau keinerlei Selbstbestimmungsrecht mehr, heisst es in der am Donnerstag veröffentlichten Botschaft der Regierung an das Parlament. Die einseitig körperliche Auslegung der Gesundheit brächte einen Rückschritt gegenüber der in den meisten Katonen herrschenden Praxis. Laut Bundesrat geht die vom Strafgesetz zugelassene medizinische Indikation heute von einem umfassenderen Gesundheitsbegriff aus: Sie erlaubt auch die juristische Indikation (bei einem Verbrechen), die soziale Indikation (bei unüberwindlichen Hindernissen für die Erziehung) und die genetische Indikation (bei absehbaren physischen oder psychischen Gebrechen.) Die Initiative lasse auch die Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse und Werte in den letzten dreissig Jahren ausser Acht, schreibt der Bundesrat. Sie zwinge eine Frau sogar dazu, die Frucht einer Vergewaltigung auszutragen. In der Praxis gelte eine solche Situation schon lange als Indikation für einen Abbruch. Verpflichtende Beratung Im übrigen bekräftigte die Regierung, dass die Strafbestimmungen zum Schwangerschaftsabbruch geändert werden müssten, lehnt aber die von beiden Parlamentskammern beschlossene Fristenlösung weiterhin ab. So wie die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) setzt sie sich dafür ein, dass sich die Frau vor einem Abbruch obligatorisch von einer staatlich anerkannten Stelle beraten lassen muss. Die Vorlage zum Schwangerschaftsabbruch kommt in der Wintersession wieder in den Nationalrat. Die Rechtskommission der grossen Kammer behandelt anfangs nächster Woche die Differenzen. Der Nationalrat will den Abbruch in den ersten 14 Wochen straflos erklären, der Ständerat in den ersten 12 Wochen. (APA/sda)