Lübeck - Abhilfe gegen Flugangst verspricht eine neuartige Computersimulation, die Forscher der Universität Lübeck entwickelt haben. Das virtuelle Flugprogramm spielt nach Angaben der Hochschule die realen Bedingungen noch besser nach als bisherige Verfahren. Die Wissenschafter stellen ihre Entwicklung auf der von 22. bis 25. November abgehaltenen Medizintechnikmesse "Medica 2000" in Düsseldorf vor. Die Simulation soll Patienten helfen, deren Flugangst so stark ist, dass sie schon beim Besteigen eines Flugzeuges Panikattacken bekommen. Neu sei, dass die Bilder nicht mehr im starren Helm, sondern mit einer leichten Spezialbrille übermittelt würden, sagte Prof. Detlev Nuzinger, Experte für Psychosomatik an der Medizinischen Uniklinik Lübeck. Auch die Animation sei verbessert worden. Das Programm ist eine gemeinsame Entwicklung der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Bad Bramstedt, der Medizinischen Universität Lübeck, der Universitätsklinik für Psychiatrie in Graz und der Wiener Firma Insight Instruments. Bei der Behandlung sitzen die Patienten in einem normalen Raum, aber auf einem Flugzeugsitz. Über die Brille sehen sie ein dreidimensionales und bewegliches Bild vom Innern eines Flugzeuges. Durch ein Fenster zu ihrer Rechten erblicken sie zunächst das Flughafengebäude, nach dem "Abheben" die Landschaft von oben. Über Kopfhörer hören sie die typische Geräuschkulisse in einem Verkehrsflugzeug. Um die Illusion perfekt zu machen, wird sogar die Bewegung des Flugzeuges simuliert. Ziel des rund 20 Minuten dauernden virtuellen Fluges ist es nach Angaben Nuzingers, dass der Patient seine Angst zu kontrollieren lernt. Wer unter Flugangst leide, habe meist keine Angst vor einem Unfall. Er fürchte sich vielmehr davor, dass er das Flugzeug bei einer Angstattacke nicht sofort verlassen könne. "In der Therapie soll der Patient lernen, dass er die Angstsymptome, wie Schweißausbrüche, Zittern und sogar Todesangst, durch gedankliches Gegensteuern beherrschen kann und der Situation nicht hilflos ausgeliefert ist", erläutert Nuzinger. Erste klinische Versuche mit 25 Patienten hätten gute Ergebnisse erzielt, wie reale Testflüge gezeigt hätten. In vielen Fällen reichten ein bis zwei Behandlungen aus. Computersimulationen gegen Flugangst werden nach Angaben Nuzingers seit rund fünf Jahren eingesetzt. Konventionell wird die Flugangst in Seminaren behandelt. Auch dabei werden die Patienten unter therapeutischer Begleitung der Situation ausgesetzt, die die Angstattacken auslöst. Beide Methoden erzielten ähnliche Erfolge, die Computersimulation sei aber weniger aufwändig, sagte Nuzinger. (APA)