Wien - Das fünfte Rahmenprogramm der EU (1998-2002) schreibt eindeutig vor, den Frauenanteil an Forschungsprojekten zu erhöhen. "Dennoch ist es oft so," berichtet Barbara Schiestl vom Projektzentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Uni Wien, "dass Forscherinnen vor verschlossenen Türen stehen." Nicht immer aus böser Absicht: "Es kommt vor, dass eine Frau ein genderspezifisches Forschungsprojekt im Bereich Biologie durchführen möchte. Sie fragt also ihren Professor, ob sie dafür EU-Gelder beantragen kann. Der sagt nein - einfach, weil er es als Mann nicht besser weiß." Weil das so ist, organisierte Schiestl auf Initiative von Vizerektorin Gabriele Moser (Uni Wien)am Freitag erstmals im deutschsprachigen Raum eine Spezialtagung, bei der VertreterInnen von EU, Unis, Wissenschaftsministerium, Forschungsfonds und Büro für Internationale Forschungs- und Technologiekooperation interessierten Forscherinnen systematisch die verschlungenen Wege zu den verschiedenen Fördertöpfen aufzeigten. Nutzung wichtiger Erkenntnismöglichkeiten "Obwohl ihre Bedeutung international außer Frage steht", sagte Vizerektorin Moser bei der Eröffnung, "verwundert es, dass Women's Studies und Gender Research in der Forschung so wenig berücksichtigt werden. An der Uni Wien wurde jedenfalls bis zum Sommer kein einziges Projekt erfolgreich für das 5. EU-Rahmenprogramm eingereicht." Die Tagung solle zu mehr Vernetzung, Inter- und Transdisziplinarität sowie Kultursensibilität anregen. Ohne das Bemühen um mehr Frauen- und Genderforschung "werden wesentliche innovative und demokratiepolitisch wichtige Erkenntnismöglichkeiten nicht genutzt". Initialzündung Nicole Dewandre, Leiterin der Abteilung Frauen und Wissenschaft in der EU-Kommission, berichtete vom letzten Stand der EU-Empfehlungen. Mieke Verloo (Uni Nijmegen) analysierte die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten von ForscherInnen, Finanziers und Uni-Verwaltung. Tobe Levin (Uni Frankfurt) gab Tipps zu Lobbystrukturen und Netzwerken. Ilse König (Wissenschaftsministerium) schließlich widmete sich den ganz konkreten Schritten der Antragstellung. Ihre Erfahrung: Viele Forschende wissen nicht einmal, dass man schon für den Antrag zu einem Projekt Geld bekommen kann, dann etwa, wenn Vorversuche im Labor notwendig sind. Die Tagung mit ihren 200 TeilnehmerInnen war als Initialzündung für künftige Kooperationen gedacht. Unter anderem wurde eine ständige Arbeitsgruppe eingerichtet. Die Tagungsergebnisse sollen in zwei Monaten im Netz, aber auch als Printversion verfügbar sein. Info: [TEL] 01-4277-183 51 ( Heide Korn ) (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 18./19. November 2000)