Wien -Der Justizausschuss nahm die Regierungsvorlage zum Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001, in dessen Mittelpunkt die gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung steht, in Verhandlung. Im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage soll die gemeinsame Obsorge beider Eltern aufrecht bleiben, jeder Elternteil kann aber ohne Angabe von Gründen die Aufhebung dieser Obsorge beantragen. Weitere Punkte des Entwurfes betreffen unter anderem die Senkung des Volljährigkeitsalters auf das vollendete 18. Lebensjahr sowie die Bestimmung, dass Minderjährige über 14 Jahren in Pflegschaftsverfahren selbständig verfahrensfähig sein sollen und Anträge stellen können. ExpertInnen konnten sich nicht einigen Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stand naturgemäß die Frage der gemeinsamen Obsorge. Der Justizausschuss hatte sich an zwei Tagen intensiv mit dieser Problematik im Rahmen eines Hearings mit zahlreichen namhaften ExpertInnen auseinandergesetzt. Eine einhellige Meinung hatte sich dabei nicht herauskristallisiert, wie auch die abschließende Diskussion der Mitglieder des Justizausschusses gezeigt hat. Opposition und Regierungsfraktionen warfen einander ein selektives Wahrnehmungsvermögen vor. Bedauern bei den SozialdemokratInnen Die SozialdemokratInnen bedauern, wie die Abgeordneten Barbara Prammer, Gisela Wurm und Johannes Jarolim feststellten, dass dieser Entwurf nicht in Begutachtung gegangen sei. Die meisten Punkte des Gesetzes seien zwar positiv, die zentralen Bestimmungen zur Obsorge stellten jedoch einen Rückschritt dar und entsprächen nicht dem Kindeswohl. Prammer mutmaßte, dass die Auswirkungen zu Lasten der Schwächeren und vor allem der Frauen gehen und Unterhaltsfragen massiv auf den Tisch kommen würden. Die SP-MandatarInnen stellten nicht in Abrede, dass viele ExpertInnen durchaus für eine gemeinsame Obsorge eingetreten seien, sie hätten aber andere Wege dazu aufgezeigt. Mit der vorliegenden Lösung würden die Kinder in die Streitfälle miteinbezogen, weshalb die Regierung die schlechteste und verantwortungsloseste aller Möglichkeiten gewählt habe. (red)