Inland
Interne Akten aus Haiders Büro dokumentieren Spitzeltätigkeit gegen Einem
Ambrozy: Stimmen neue Vorwürfe, muss Haider gehen
Wien - Erstmals wird FPÖ-Chef Jörg Haider auch durch interne
FPÖ-Akten aus seinem Büro in der Spitzelaffäre belastet. Das berichtet das
Nachrichtenmagazin FORMAT in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe. Ein
Notariatsakt (B.R.Z.: 750/1995) und zwei parteiinterne
Vermerke (AZ 1139-95 bzw. AZ 1139-95a) aus dem Büro von Ex-FPÖ-Chef Jörg
Haider dokumentieren, wie die Freiheitlichen 1995 in vertraulichen
Polizeiarchiven nach belastendem Material gegen Caspar Einem suchten.
Konkret waren die FP-Mitarbeiter auf der Suche nach dem angeblichen
Suchgiftakt Einems, den sie im Keller des Wiener Sicherheitsbüro
vermuteten. Um zu dem vertraulichen Aktenvermerk zu kommen, wären die
Freiheitlichen sogar bereit gewesen, die streng vertraulichen
Polizeiarchive im Sicherheitsbüro zu durchwühlen. In dem Aktenvermerk heißt
es dazu: "Da bedauerlicherweise von den Informationen sofort Gebrauch
gemacht wurden und auch im Parlament das Faktum erörtert wurde, sind die
Möglichkeiten für weitere Recherchen sehr erschwert worden, insbesondere
die Möglichkeit im Keller nach Akten zu suchen."
Weiters wird in dem FPÖ-Akt erfreut festgehalten, dass "eine Staatsanwältin bereits ein paar
ganz wesentliche Fakten" über Einem zusammengetragen hat. Zitat: "Die
Staatsanwältin wünscht, dass jemand Anzeige erstattet, da sie ab diesen
Zeitpunkt weiter ermitteln kann." In dem mit "Bitte vertraulich behandeln"
übertitelten Aktenvermerk wird auch die Hoffnung geäußert, daß Einem
während seiner Tätigkeit als Sozialhelfer auf einem Bauernhof in Zwettl
möglicherweise einmal "eine Verhaftung der gesamten Kommune inklusive
Einem stattgefunden hat."
"Neue Dokumente bestätigen Verdacht auf organisiertes FPÖ-Spitzelunwesen"
"Die FPÖ-Spitzelaffäre ist der größte demokratiepolitische Skandal der Zweiten Republik", bekräftigte der Kärntner
SPÖ-Vorsitzende LHStv. Peter Ambrozy am Sonntag beim Bezirksparteitag der Spittaler SPÖ. Die jetzt aufgetauchten Dokumente würden auf
eine direkte Verwicklung Jörg Haiders in den Skandal hinweisen. "Wenn sich dieser Verdacht erhärtet, muss Haider gehen", sagte Ambrozy.
Für politische Ämter der Republik Österreich hätte sich Haider "für alle Zeiten disqualifiziert". Die FPÖ habe "den Bogen der demokratischen
Gepflogenheiten weit überspannt". Ambrozy weiter: "Hier wurde von einer politischen Gruppierung ein organisiertes und mafioses Netzwerk
aufgebaut, das gegen die Menschen in Österreich eingesetzt wurde".
Scharfe Kritik übte der SPÖ-Chef auch an den Versuchen der FPÖ, Justiz und Polizei unter Druck zu setzen. "Offenbar sind die Ermittler der
Wahrheit schon sehr nahe gekommen, sonst würde die FPÖ nicht so aufgeregt reagieren. Vieles deutet darauf hin, dass das blaue
Spitzelnetzwerk bald enttarnt sein wird und sich alles auf den Kärntner Landeshauptmann zuspitzt." Die "wilden Rundumschläge" der
Freiheitlichen deutet Ambrozy als "Panikreaktionen".
Auch Westenthaler-Rücktritt gefordert
"Aufgedeckt hat den Skandal der frühere FPÖ-Gewerkschaftsboss Kleindienst. Er hat die Omerta, das Gesetz des Schweigens, als Erster
gebrochen", sagte der SPÖ-Chef. Wenn der ganze Skandal bloß die Erfindung "kranker Journalistengehirne" wäre, wie es Haider behauptet,
wozu dann die Aufregung bei der FPÖ?
Der Spitzelskandal sei der bisherige Höhepunkt einer langen und bedenklichen Entwicklung der FPÖ. Ambrozy: "Ich erinnere nur an den
Bespitzelungs-Aufruf Haiders Ende der 80er Jahre, als er die Bevölkerung zum anonymen Vernadern eingeladen hat. Eine politische Gruppe, die
sich solcher Mittel bedient, ist nicht würdig, gewählt zu werden und das Volk zu vertreten." Hohe Repräsentanten der FPÖ wie zum Beispiel
Klubchef Peter Westenthaler seien für ihr Amt nicht mehr geeignet. "Westenthaler hat sofort zurückzutreten", forderte Ambrozy. ÖVP-Chef
Schüssel habe "große Mitschuld auf sich geladen, indem er so eine Partei in die Regierung geholt hat". (APA)