Inland
Das Rennen um den Landeshauptmann ist noch völlig offen
Am 3. Dezember wird entschieden, wer Karl Stix folgt
Eisenstadt - Am 3. Dezember sind exakt 226.752 Burgenländer aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Eine Wahl mit vielen
Fragezeichen: Kommt Schwarz-Blau auch im Burgenland? Wer wird neuer Landeshauptmann? Schafft es die ÖVP nach 36 Jahren, den
LH-Sessel zurückzuerobern? Gelingt den Grünen endlich der Sprung in den Landtag? Eines ist jedenfalls sicher. Die Ära des Karl Stix (S)
geht zu Ende. Und mit ihr möglicherweise auch die Zeit der SPÖ-ÖVP-Koalition, die bereits 1991 mit einem Arbeitsübereinkommen
begründet und 1996 erneuert worden ist.
Vier Parteien - SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne - ringen am 3. Oktober um 36 Landtagsmandate. Bei der Wahl 1996 erreichte die SPÖ 44,5
Prozent der Stimmen und 17 Mandate, die ÖVP 36 Prozent und 14 Mandate (- 1), die FPÖ 14,6 Prozent und fünf Mandate (+ 1); die
Grünen verpassten mit 2,5 Prozent die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug deutlich. In der Regierung verlor die SPÖ daraufhin einen Sitz an
die Freiheitlichen und stellte damit - so wie die ÖVP - nur mehr drei Regierungsmitglieder. Zuletzt gehörten dem Regierungskollegium die
Sozialdemokraten Karl Stix, Helmut Bieler und Peter Rezar, die ÖVP-Politiker Gerhard Jellasitz, Paul Rittsteuer und Karl Kaplan sowie der
Freiheitliche Gabriel Wagner an - ein Gruppenbild völlig ohne Dame also.
Krampus-Wahlen
Der Urnengang am 3. Dezember - Krampus-Wahlen quasi - findet auf der Grundlage eines Landtagsbeschlusses, den ÖVP und FPÖ
gemeinsam gefasst haben, ein halbes Jahr vor dem regulären Termin statt. Als Begründung für die Vorverlegung führten die beiden Parteien
den Skandal um die Bank Burgenland an. Die Kreditaffäre, die derzeit bei einem Schaden von 4,1 Mrd. S hält, mache einen Neubeginn
notwendig, hieß es. SPÖ und Grüne sahen darin bereits ein erstes Anzeichen für die Wende zu Schwarz-Blau auch im Burgenland, doch
ÖVP und FPÖ dementierten heftig, dass es bereits Absprachen für die Zeit nach dem 3. Dezember gibt.
Da es rein rechnerisch bereits jetzt eine schwarz-blaue Mehrheit von 19 Sitzen im Landtag gibt, hofft die Volkspartei, den 1964 an den
Sozialdemokraten Hans Bögl verlorenen gegangenen Landeshauptmann wieder zur ÖVP-Domäne machen zu können - nach Bögl, Theodor
Kery, Hans Sipötz und Karl Stix von der SPÖ. Doch dem LH-Kandidaten der ÖVP, Gerhard Jellasitz, kann es durchaus passieren, dass die
Freiheitlichen zwar einem ÖVP-Mann ihre Stimme geben wollen, aber nicht Jellasitz. Eine ähnlich leidvolle Erfahrung musste LH Hans Sipötz
nach der Wahl 1991 machen. Er hatte ein respektables Ergebnis für die SPÖ eingefahren, doch die ÖVP konnte nicht mit Sipötz und war
daher nicht bereit, ihn mitzuküren. So wurde der damalige Finanz-Landesrat Stix mit ÖVP-Hilfe Landeshauptmann.
Die SPÖ peilt das 18. Mandat an
Die SPÖ ihrerseits hofft, bei der burgenländischen Landtagswahl am 3. Dezember mit Hans Niessl (Wahlslogan: "Ein Volltreffer für das
Burgenland") den Nachfolger für Landeshauptmann Karl Stix im Talon zu haben. Das Wahlziel der SPÖ daher: das 18. Mandat als Garantie
dafür, "dass es Schwarz-Blau nicht gibt". Die ÖVP geht jedenfalls von einem Zugewinn aus. Gerhard Jellasitz ("Jetzt neu beginnen") glaubt
sogar, dass die Volkspartei nach 36 Jahren wieder die Chance hat, stimmenstärkste Partei zu werden. ****
Die Freiheitlichen - deren steirische Parteikollegen Mitte Oktober ein Minus von 4,7 Prozentpunkten hinnehmen mussten - haben ihre
Ansprüche offenbar zurückgeschraubt. In der FPÖ-Geschäftsstelle prangt zwar ein handgeschriebenes Wahlszenario, das noch von
angepeilten 20 Prozent kündet, in ihren Aussagen geben sich freiheitliche Politiker aber bescheidener. FPÖ-Spitzenkandidat Stefan Salzl
("Anständige Menschen verdienen anständige Politiker") spricht nur von einem Plus vor dem Ergebnis, FPÖ-Klubchef Wolfgang Rauter ("Die
Kraft, die Ordnung schafft") meinte gar, "eine Stimme mehr ist ein Wahlerfolg", um hinzuzufügen, "ab vier bis fünf Prozent mehr erheben wir
den Anspruch auf den Landeshauptmann".
Grüne optimistisch im Hinblick auf die 5-Prozent-Hürde
Die Spitzenkandidatin der Grünen, Grete Krojer ("Grün ist mehr"), versprüht angesichts diverser Umfrageergebnisse, die die Grünen bei fünf
bzw. sechs Prozent sehen, Optimismus. Sicherheitshalber setzt man aber im Grün-Lager auf die Zugkraft von Bundessprecher Alexander Van
der Bellen, der regelmäßig das Burgenland bereist, um Wahlhilfe zu leisten.
Die Wahlkampf-Themen waren großteils "hausgemacht". Die Folgen des Bank-Burgenland-Skandals für das Land bzw. die Steuerzahler
wurde angesichts der Landeshaftung für die Ausfälle von über vier Mrd. S bei einem Landesbudget von kaum zehn Mrd. S ebenso heftig
diskutiert wie die Frage, ob auch das Burgenland einen harten Budgetsanierungskurs fahren wird müssen. Der scheidende Finanzreferent LH
Stix meinte "nein", denn der für 2001 angestrebte Nullabgang im ordentlichen Haushalt werde bereits 2000 erreicht. Worauf Jellasitz von
einer "Bilanzfälschung der Sonderklasse" sprach.
Die Freiheitlichen stilisierten die EU-Osterweiterung zu ihrem Wahlkampfthema Nr. 1. Und begannen eifrig, Unterschriften zur Einleitung einer
Volksbefragung im Burgenland zu sammeln, die - so hoffen sie - eine Volksabstimmung auf Bundesebene nach sich ziehen soll. Aus den
übrigen wahlwerbenden Parteien kamen ablehnende Reaktionen. Für Kanzler Wolfgang Schüssel wäre eine Volksbefragun zur Erweiterung
der EU ein "Verrat an der europäischen Idee", wie er beim ÖVP-Wahlauftakt in Oberschützen erklärte. (APA)