Semmering - Privatisierungen sind kein besonders effizientes Mittel zur Tilgung von Staatsschulden, stellte der Wirtschaftsforscher Norbert Knoll (Wifo) bei einer vom Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinschaftwirtschaft (VÖWG) veranstalteten Podiumsdiskussion Montagabend fest. Mehr Effizienz hätte der Staat zu erwarten, würde er Privatisierungserlöse in Infrastruktur investieren. De facto stelle eine Privatisierung nur einen Vermögenstausch innerhalb der öffentlichen Hand dar, "man wird also nicht reicher damit". Insofern würden die volkswirtschaftlichen Effekte von Privatisierungen oft überschätzt. Auf unternehmerischer (mikroökonomischer) Ebene seien Privatisierungseffekte aber nicht von der Hand zu weisen. Beim Vergleich der Eigentümerschaften öffentlich und privat zeige sich, dass öffentliche Unternehmen in ihren Wachstumsmöglichkeiten eingeschränkt sind, da sie oft als Non-Profit-Unternehmen gesehen würden. Bei privaten Unternehmen lasse das klassische Ziel der Gewinnmaximierung mehr Spielraum für die Finanzierung von Investitionen oder Internationalisierungen über den erwirtschafteten Cash-Flow. "Ich glaube, dass private Unternehmen Vorteile haben, wenn es um die Nutzung neuer Wachstumsmöglichkeiten geht", sagte Knoll. Ruttenstorfer: Internationalisierung der Wirtschaft Eine ähnliche Einschätzung traf der stellvertretende OMV-General und Ex-Staatssekretär Wolfgang Ruttenstorfer (S). Durch Privatisierungen werde erst eine Internationalisierung der Wirtschaft ermöglicht. So lange die OMV nur im Inland nach Öl gebohrt habe, sei dies als nationale Aufgabe angesehen worden. Als die Exploration im Ausland aufgenommen wurde, sei eine Diskussion über gemeinwirtschaftliche Aufgaben entflammt. Der Staat solle sich aus Unternehmen schrittweise zurückziehen und diese nur während der Umstellungsphase unterstützen. Werde dies unterlassen, drohe eine feindliche ausländische Übernahme des Unternehmens. Zuvor hatte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) die Notwendigkeit in den Raum gestellt, Firmenzentralen (Headquarters) müssten in Österreich bleiben. Das ließe sich entweder durch einen staatlichen Anteil von 25 Prozent plus einer Aktie oder eine vergleichbare Beteiligung eines anderen österreichischen Unternehmens erreichen. Am Beispiel Böhler-Uddeholm (25 Prozent Staatsanteil) werde dies besonders deutlich, denn es sei wesentlich, die Konzernzentrale in Österreich und nicht in Schweden zu haben. Am Energiesektor verfolge er, Bartenstein, weiterhin eine österreichische Erlösung und sieht dazu den Zug noch nicht endgültig abgefahren. Streicher: Staat hat sich zuerst das Geld abgeholt ÖIAG-Generaldirektor Rudolf Streicher wies darauf hin, dass sich der Bund von der öffentlichen Wirtschaft zuerst Geld abgeholt habe "und jetzt sagt man: Privatisiert den Rest". Allein aus dem inzwischen abgeschafften Fernmeldeinvestitionsgesetz (FMIG) seien von der Post und Telekom jährlich 8 bis 10 Mrd. S (bis zu 727 Mill. Euro) ins Budget abgezweigt worden, womit sich in der Verstaatlichten insgesamt ein Schuldenstand von 110 Mrd. S aufgestaut habe. 30 Mrd. S habe die ÖIAG Mitte der achtziger Jahre an Krediten zur Bewältigung der internationalen Stahlkrise erhalten. In ganz Europa habe die Stahlindustrie jedoch insgesamt 800 Mrd. S an staatlichen Subventionen bekommen. (APA)