Wien - ÖVP und FPÖ haben Mittwoch im Nationalrat die Zivildienstreform beschlossen. Mit ihr werde der Verwaltungsaufwand deutlich verringert, die Autonomie der Trägerorganisationen gefördert, der Zivildienst einfach, transparent und effizienter gestaltet und mehr Zivildiener zugewiesen werden können als jemals zuvor, betonte Innenminister Ernst Strasser (V). Sein ursprünglicher Plan, den Zivildienst von zwölf auf elf Monate zu kürzen, ist am Widerstand der FPÖ gescheitert. Die FPÖ äußerte auch "Skepsis" zu anderen Inhalten der Novelle. Dazu nahm Strasser im Nationalrat nicht Stellung. Er verwies darauf, dass er bei seinem Amtsantritt einen "totalen Kollaps im Bereich Zivildienst übernommen" habe. 17.000 junge Männer hätten auf ihre Zuteilung gewartet, Organisation und Finanzen seine am Boden gewesen. Mit der Reform könne für nahezu 2.000 Zivildiener noch heuer Platz geschaffen werden, nächstes Jahre werde man "erstmals nach 25jähriger Geschichte alle Wünsche der Trägerorgansationen befriedigen können". "Habt acht" "Der Zivildiener Strasser musste offensichtlich vor dem Wehrdiener Scheibner (Verteidigungsminister, Anm.) habt acht stehen", meinte SPÖ-Abg. Rudolf Parnigoni. Die Reform bringe trotz der früheren Ankündigungen des Innenministers "keine annähernde Gleichstellung der Zivildiener mit den Präsenzdienern" - sondern im Gegenteil Verschlechterungen für Zivildiener und Trägerorganisationen. Scharfe Kritik übte die Grüne Behindertensprecherin Theresia Haidlmayr: Von einer "Reform an Kopf und Gliedern" könne keine Rede sein - im Gegenteil: "Sie haben den Kopf vor die Türe gestellt und die Glieder amputieren lassen." Besonders kritisierte sie, dass Rettung oder Feuerwehr künftig 6.000 S für die Kosten für Zivildiener erstattet bekommen sollen, Behinderteneinrichtungen, die Caritas oder die Flüchtlingshilfe aber nur 3.000 S - und Einrichtungen im Drogen- oder Asylbereich sich "um 3.000 S einen Zivildiener kaufen müssen". Ähnlich auch FPÖ-Sicherheitssprecherin Helene Partik-Pable, Mutter einer behinderten Tochter: "Blaulicht"-Organisationen, vor allem Rettungsdienste, hätten mehr Verdienstmöglichkeiten und würden "bei allem ernorm viel verlangen" - während karitativen Organisationen die "weit unangenehmere" Arbeit - "niedrige Dienste" bei Behinderten - zu leisten hätten. "Reformstruktur" Sehr zufrieden mit der Novelle zeigte sich ÖVP-Abg. Günter Puttinger: Diese 19. Novelle des Zivildienstgesetzes sei "die erste, die tatsächlich eine Reformstruktur mit sich bringt". Dies sei angesichts des "Rucksacks von 17.000 jungen Männern" auch nötig gewesen. Die Finanzkraft für den Zivildienst werde gesichert, es würden wesentlich mehr Zivildiener zugewiesen werden können als bisher. Die FPÖ habe "gewisse Bedenken" gegen die Novelle, werde aber trotzdem zustimmen, betonte FP-Abg. Wolfgang Jung. Er äußerte "Skepsis" zum Auslandsdienst, der "ohne direkte Kontrolle durch Organe der Republik im Ausland geleistet werde". Und er lehnte Zivildienst in Bereichen "wie dem Dokumentationszentrum", wo Zivildiener "politische Arbeit oder sogar halbamtliche Spitzelarbeit leisten" ab. (APA)