Wien - Rund 88 Prozent der Bevölkerung sind mit dem Wiener Kulturangebot zufrieden oder sehr zufrieden - ein Umfrageergebnis, das der Wiener Kulturstadtrat Peter Marboe (VP) nicht wirklich verschweigt. Eher im Gegenteil. Fragt sich nur, wie sich diese von Marboe verkündete Volkesmeinung bei den Volksvertretern widerspiegelt, wenn das Budget 2001 im Gemeinderat diskutiert wird.

Heidemarie Unterreiner (FPÖ) etwa hält es lieber mit den restlichen zwölf Prozent: "Die Kulturpolitik ist gekennzeichnet von der engen Verwobenheit mit der Macht, mit Künstlern, die gar nicht darauf eingehen, was die Bevölkerung will." Schlingensief darf da nicht fehlen: Marboe habe sich "darin gefallen, diese Kulturlosigkeit mitzutragen", dieses "Lügengebäude" neben der Oper. Er, Marboe, sei "eher der linken Kulturschickeria" verpflichtet, als "den Wünschen der Bevölkerung, der menschlichen Sehnsucht nach Gefühlen, der Liebe zum Vaterland und zur Muttersprache". Unterreiner forderte ein Mozarthaus und ein "Gartentheater im Schlosspark Schönbrunn." Marboe aber sei nur "mit allen per-du, was Rang und Namen in der Kulturszene hat". Marboe trocken: "Mit ihnen nicht."

Kritik aber auch von anderer Seite: Die Grüne Stadträtin Friedrun Huemer etwa beklagte "Existenzprobleme für die Gegenwartskunst, es fehlen Impulse und Innovationen im Theaterbereich, die Entwicklung auf dem Kinosektor verläuft ungesteuert und die zeitgenössischen Ensembles der Wiener Musikszene kämpfen mit finanziellen Problemen." Dazu der Grüne Klubobmann Christoph Chorherr: "Ein Orchester von Weltrang wie das Klangforum Wien bräuchte fünf bis zehn Millionen Schilling für ein eigenes Haus und muss damit drohen, eines der unzähligen Angebote aus dem Ausland anzunehmen. Für die Sanierung des Auto-Abschleppplatzes der Stadt Wien gibt es aber 120 Millionen, ohne mit der Wimper zu zucken, weil abg'schleppt muss scho' urndlich werd'n in der Stadt."

Keine lineare Kürzung

Marboe versprach, dass dem Klangforum eine Million Schilling zusätzlich zur Verfügung gestellt werde. Und sprach davon, dass das Kulturbudget gegenüber dem Vorjahr um 1,3 Prozent gestiegen sei - während seiner Amtszeit um 20 Prozent. Es gebe auch im kommenden Jahr "keine linearen Kürzungen der Subventionen" wie in vielen anderen Städten Europas, jedoch eine Reihe von großen Investitionsvorhaben wie Museumsquartier, Neubau des Stadt- und Landesarchivs, Renovierungen von Konzerthaus und Musikverein. Seine Politik stehe jedenfalls "im Dienste der Künstler, aber auch des Publikums und des Dialogs." (frei, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. 11. 2000)