Nun geht einfach alles den Bach hinunter. Ägypten, das erste arabische Land, das Israel anerkannt und mit ihm vor mehr als zwanzig Jahren Frieden geschlossen hat, hat am Dienstag, am Tag nach dem israelischen Militärschlag gegen den Gazastreifen, seinen Botschafter aus Tel Aviv zurückbeordert. Beim Gipfel der Islamischen Konferenz in Katar vor gut einer Woche waren die ägyptischen Diplomaten noch diejenigen gewesen, die mäßigend auf die von der so genannten al-Aksa-Intifada erregte islamische und arabische Welt einzuwirken versuchten. Damit ist es jetzt vorbei. Im Gegenteil, mit seinem Schritt bringt Präsident Mubarak den jordanischen König Abdullah unter Druck, der seinen neuen Botschafter zwar noch immer nicht auf die kurze Reise von Amman nach Tel Aviv geschickt, aber auch offiziell noch nicht gesagt hat, dass er es nicht zu tun gedenkt. Früher oder später wird er eine Entscheidung fällen müssen. Die radikalen Blüten, die jetzt nicht nur sein Land treibt, gefährden auch ihn. Am Dienstag war US-Verteidigungsminister William Cohen in Amman - mit Dollarmillionen-Versprechen im Gepäck, die Abdullahs Legitimationsprobleme im Fall, dass er sich nicht der Intifada anschließt, lindern, aber nicht wirklich lösen können. Ein Weg zurück ist im Moment nicht in Sicht, die Vermittler verzweifeln. Beide Seiten gehen unbeirrbar den Weg der Gewalt. Mit Gewalt machen die Israelis den Palästinensern klar, dass Gewalt zu nichts führt außer zu Gewalt. Die Palästinenser haben die Lektion aber längst gelernt: Ab jetzt dürfen palästinensische Polizisten palästinensische Demonstranten mit Schusswaffen verteidigen. Für die Israelis ist es der Moment, den sie immer "gefürchtet" (bei dieser militärischen Übermacht muss es unter Anführungszeichen gesetzt werden) haben: die Kriegserklärung der palästinensischen Behörde. Für die Palästinenser ist es de facto eine Art erweiterter Selbstmord. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.11.2000)