Wien - Der Telekom-Börsengang wird als das Waterloo der schwarz-blauen Regierung gesehen. Aber viele Ursachen für das verpatzte Börsendebüt gehen auf die frühere Regierung zurück, vor allem auf Entscheidungen eines Mannes, der sich inzwischen komplett aus Österreich zurückgezogen hat: Exkanzler Viktor Klima. Klima war als Verkehrsminister für die Post zuständig, nahm aber diesen Bereich bei seinem Wechsel ins Finanzministerium Anfang 1996 mit. Dort quetschte er noch einmal eine Milliardendividende aus der Post & Telekom Austria (PTA) für die Budgetsanierung heraus, obwohl damals schon die Telekom-Liberalisierung vor der Tür stand. Kritischer war die gegen den Widerstand der ÖVP gefällte Entscheidung, die Telekom nicht aus der PTA auszugliedern, sondern einen Börsengang des gesamten Unternehmens vorzubereiten. Konfliktvermeidung Klima argumentierte mit dem Hinweis auf die gleichlautenden Pläne der Niederländer und vermied damit einen Konflikt mit der Postgewerkschaft. Erst 1998 kam es als Nachzügler in Europa - zur Trennung von der Gelben Post. "Die Chance für einen Börsengang wurde dadurch beinahe vertan", sagt Johannes Ditz, der als PTA-Finanzchef die Teilung forcierte. Weil die Telekom nicht eigenständig war, konnte auch kein Partner einsteigen. Stattdessen suchte man einen Parter für die Mobilfunktochter Mobilkom - und fand ihn 1997 mit der Telekom Italia. "Man hat die Privatisierung von der falschen Seite begonnen, denn damit wurde der Verkauf der Mutter präjudiziert", sagt der damalige Verkehrsminister Caspar Einem. Teilprivatisierung Als ein Jahr später die Telekom endlich ausgegliedert und zur Teilprivatisierung angeboten wurde, waren die Italiener dadurch die automatischen Favoriten. Dennoch gaben Insider - darunter angeblich auch Ditz - bis zuletzt dem US-Konzern Ameritech den Vorzug, der das bessere unternehmerische Konzept vorweisen konnte. Den Ausschlag gaben die Mobilkom-Beteiligung, das um vier Mrd. S höhere Angebot der Italiener und die politische Präferenz des damaligen Kanzlers Klimas für einen Partner aus der EU. In der Folge erwies sich die durch Management- und Eigentümerwechsel erschütterte TI nicht nur als Klotz am Bein; auch der Mehrerlös geht durch den verpatzten Börsengang nun zum Großteil verloren. Das Aktienpaket, das die TI als Entschädigung erhält, ist fast drei Mrd. S wert. Klimas dritte Fehlentscheidung war die Personalbesetzung. Er machte sich 1998 für den Bewag-Chef Werner Kasztler stark, weil er ihm die Gratwanderung zwischen Reformen und Rücksichtnahme auf die Belegschaft zutraute. Doch Kasztlers Tempo erwies sich als viel zu langsam, und gegenüber den Intrigen aus Italien war er hilflos. Erst nach seiner Ablöse durch Heinz Sundt im April begann die Telekom mit ernsthaften Vorbereitungen für die Börse. (DER STANDARD, Printausgabe 23.11.2000)