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Foto: Archiv
Washington - Vor etwa 8000 Jahren änderten die BewohnerInnen der Franchti-Höhle im südlichen Griechenland ihren Lebensstil, das zeigt ihr sedimentierter Müll: Hatten sich Jahrtausende zuvor nur Reste einer Jäger-und-Sammler-Gesellschaft angehäuft, kamen nun Spuren von Nutzpflanzen und -tieren. In weiteren 3000 Jahren wanderte die Neuerung quer durch Europa. Alte Streitfrage Ob die Revolution von den alten EuropäerInnen gemacht wurde - und wer sie überhaupt waren - oder ob spätere EinwanderInnen die Agrikulturtechniken mitbrachten, ist eine alte Streitfrage unter ArchäologInnen. Ebenso strittig sind die noch früheren KünstlerInnen, die Höhlenmalereien und Figurinen wie die Venus von Willendorf schufen. Nun haben Genanalysen den Streit geschlichtet: Die Kunst haben wir aus Zentralasien, die Agrikultur aus dem Mittleren Osten. Mehr als 80 Prozent der heutigen europäischen Männer haben ihr Y-Chromosom bzw. bestimmte Charakteristika darauf ("Marker") von paläolithischen Ahnen, die in zwei Wellen einwanderten: Die ersten kamen vor 35.000 bis 40.000 Jahren aus Zentralasien und brachten ihre "auriakische" Kultur mit der Höhlenmalerei mit. Die zweiten Einwanderer kamen vor 22.000 Jahren aus dem Nahen Osten, sie werden der "gravettinischen" Kultur mit ihren Figurinen zugerechnet. Was die Gene erzählen Beide siedelten zunächst quer durch Europa. Aber dann kam die Eiszeit, die SiedlerInnen zogen sich in wärmere Regionen zurück, nach Spanien, auf den Balkan, in die Ukraine. Nach dem Rückzug der Gletscher wanderten die SiedlerInnen wieder nach Norden und nahmen ihre in den Refugien entstandenen genetischen Unterschiede mit. Die zeigen sich heute noch: Westeuropa wurde von Spanien her neu besiedelt, die Mitteleuropäer kommen vom Balkan. Dann erst kam vor 9000 Jahren eine dritte Einwanderung, diesmal aus dem Mittleren Osten und zahlenmäßig klein - nur 20 Prozent der Männer tragen ihren Genmarker -, aber offenbar erfahren in der Agrikultur. Sie zogen, so sagen es wieder die Gene, entlang der Küsten nach Westen. Die Befunde decken sich mit Analysen von Genen, die nur Frauen vererben und ihre Geschichte rekonstruierbar machen. Es gibt nur einen Unterschied, die Männer haben eine geringere genetische Bandbreite. Das mag daran liegen, dass sie sesshafter waren, während Frauen über Entfernungen heirateten. (Science, Vol 290, 1081)<(i> (jl)

(DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 24.11.2000)