Paris - Die Zersplitterung der französischen Opposition hat 364 Parlamentarier von Neogaullisten (RPR), Zentrumsbürgerlichen (UDF) und Liberaldemokraten (DL) veranlasst, einen gemeinsamen Appell zu unterzeichnen, in dem sie die "Einheit" der Rechtsparteien bei den künftigen Wahlterminen fordern. Sie erinnern in dem am Freitag von der Pariser Tageszeitung "Le Figaro" veröffentlichten Text daran, dass diese Einheit bei den Lokalwahlen bereits eine Realität sei. Unter den Unterzeichnern befinden sich fast alle politischen "Schwergewichte" der Opposition. RPR-Chefin Michelle Alliot-Marie, DL-Chef Alain Madelin, die ehemaligen RPR-Premierminister Edouard Balladur und Alain Juppe', die ehemaligen RPR-Parteichefs Philippe Seguin und Nicolas Sarkozy, sowie die drei Fraktionssprecher der Opposition in der Nationalversammlung, Jean-Louis Debre' (RPR), Philippe Douste-Blazy (UDF) und Jean-Francois Mattei (DL), unterschrieben das Dokument. Auf der Liste fehlen allerdings der UDF-Chef Francois Bayrou und die ihm nahe stenden Abgeordneten. Es sei bloß ein weiterer Appell, der grundsätzlich nichts Neues bringe, verlautete aus der UDF-Fraktion, die sich darüber beklagte, dass man sie von der Debatte über das Papier ausgeschlossen habe. Föderation? Einheitspartei? Sammelbewegung? Dieser Aufruf kommt paradoxerweise zu einem Zeitpunkt, da sich im rechten Lager die Kandidaturen für die Präsidentenwahl im Frühjahr 2002 häufen. Außer dem Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen (Front National) und dem Altgaullisten Charles Pasqua (RPF) wollen auch Francois Bayrou und Alain Madelin das Rennen um den Elysee-Palast antreten. Die Unterzeichner fordern eine inhaltliche "Union" und nicht eine "gemeinsame Struktur". "Föderation? Einheitspartei? Sammelbewegung? Die Form ist nicht das Wesentliche! Die Union entsteht nicht durch eine Struktur. Es ist im Gegenteil die Struktur, die aus der Union enstehen wird", liest man in dem Text. Nach Angaben des "Figaro" erhielt das Papier auch den Segen von Staatspräsident Jacques Chirac (RPR). Dies wohl auch auf Grund des Umstandes, dass die Frage der Präsidentschaftskandidaten nicht angesprochen wurde. Dies erlaubt es, die Einheit auch dann anzustreben, wenn Madelin und Bayrou gegen Chirac antreten. Ex-Premier Juppe' fand den Text "zu schüchtern". "Gewiss werde ich ihn unterzeichnen. Aber ich bin mit Edouard Balladur einverstanden, man muss sich weiter vorwagen und sagen, wie man diese Union machen wird", erklärte der Bürgermeister von Bordeaux. Balladur setzt sich - unterstützt durch Sarkozy - bereits seit Jahren für eine bürgerlich-rechte Einheitspartei ein und hat jüngst ein Buch zu dem Thema veröffentlicht. UDF-Chef Bayrou hatte bei den Europawahlen vom Vorjahr dagegen die positive Überraschung, alleine knapp zehn Prozent der Stimmen zu erhalten, während es das Bündnis RPR-DL auf nur knapp 13 Prozent brachte. Seine mangelnde Begeisterung für das Unionsprojekt ist daher verständlich. Die französische Rechte bemüht sich seit Jahrzehnten um eine gemeinsame Organisationsstruktur. Zum ersten Schock kam es 1981, als die personellen Streitigkeiten zwischen dem damaligen Präsidenten und UDF-Gründer Valery Giscard d'Estaing und dem damaligen RPR-Chef Jacques Chirac dem sozialistischen Kandidaten Francois Mitterrand den Sprung in den Elysee-Palast ermöglichten. Noch im selben Jahr entstand die erste Unionspartei mit dem Kürzel URC. Sie scheiterte allerdings gleich wie die 1988 entstandene UPF und die 1998 aus der Taufe gehobene "Alliance pour la France". Die "exception francaise" im konservativen Lager besteht darin, dass die Rechte seit General Charles de Gaulles Präsidentschaft (1959-69) von den Gaullisten dominiert wird, obwohl diese nach der Definition des Generals selbst nicht dem rechten Lager zuzuordnen sind. Dies veranlasste Giscard Ende der 70er Jahre zur Gründung der UDF, nachdem Chirac die neogaullistische RPR geschaffen hatte. Aber auch im RPR-Lager stößt das Einheitsprojekt nicht nur auf Zuspruch. Die "Gaullisten der ersten Stunde", allen voran Ex-Innenminister Charles Pasqua, erblicken in einer Fusion einen Verrat gegenüber dem General. Daher der Entschluss Pasquas im Frühjahr des Vorjahres, die RPR zu verlassen und - wie bereits de Gaulle im Jahre 1947 - die "Rassemblement pour la France" (RPF) zu gründen. (APA)