Wien/Klagenfurt - "Wir sind völlig fassungslos. Ulli war eine Grüne der ersten Stunde. Unser ganzes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen." Die Grünen trauern über den Tod der 38-jährigen Kärtnerin Ulrike Dornig, die Mittwochabend in der Rektoratskanzlei der Wiener Universität von ihrem langjährigen Lebensgefährten erschossen wurde. Wie berichtet, tötete sich der mutmaßliche Täter, Gerhard H. (43), danach selbst. Ulrike Dornig, die einen zehnjährigen Sohn hinterlässt, war aktives Mitglied der Lavanttaler Grünen. "Sie kandidierte mehrfach bei Gemeinderats-, Landtags- und Nationalratswahlen", sagte Freitag Yvonne Mokoru-Sanabel von den Grünen im Lavanttal. Erst Anfang November hatte Magistra Dornig die Stellung als Personalreferentin an der Wiener Uni angenommen. Ihr Freund hatte sie dazu überredet, zu ihm in die Bundeshauptstadt zu kommen. Der Doppelakademiker war seit neun Jahren arbeitslos. Vorher hatte er allerdings steile Karriere gemacht: Abgeschlossenes Astronomiestudium, abgeschlossenes Physikstudium, perfekte Kenntnisse von Italienisch, Französisch und Russisch. Von 1986 bis 1988 war er Assistent am Institut für Astronomie in Innsbruck, 1989 übersiedelte er nach Wien und war bis 1991 im Verteidigungsministerium am Amt für Wehrtechnik als Physiker beschäftigt. Dann nahm er in der Privatindustrie noch für kurze Zeit eine Stelle als EDV-Fachmann an. Seit 1991 war Gerhard H. jedoch ohne fixe Arbeit. Zumindest in der letzten Zeit beschäftigte er sich nach Erkenntnissen der Kriminalisten intensiv mit Philosophie. In seiner Wohnung in Wien-Floridsdorf wurde ein Band der nikomachischen Ethik des Aristoteles (eine umfassende Theorie des sittlichen Handelns und des Glücks als dessen höchstes Gut) gefunden, dazu ein ganzes Buch mit handschriftlichen Aufzeichnungen des 43-Jährigen zu diesem Thema. Wegen möglicher psychischer Probleme war H. laut Polizei nicht aufgefallen. Er galt auch nicht als Trinker, zum Zeitpunkt der Tat war er aber alkoholisiert. Angehörige des Opfers berichteten, dass der 43-Jährige zuletzt "immer seltsamer" geworden sei. Waffenverbot gefordert Der gebürtiger Vorarlberger besaß seit rund zehn Jahren einen Waffenpass. Abgesehen von einer Glock-Pistole, hatte er Mittwochabend einen geladenen Smith&Wesson-Revolver bei sich, aus dem er aber nicht feuerte. Für die Pistole hatte H. 30 Schuss Munition mit, nur 14 blieben über. "Und wieder ein tragischer Fall, der durch ein Privatwaffenverbot hätte verhindert werden können", sagte Freitag Michael Johann, der Kärntner Landessprecher der Grünen und erneuerte die Forderung "Waffen weg!". (simo/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26. 11. 2000)