Brüssel - Die EU-Finanzminister kommen Sonntag in Brüssel zu einem Sondertreffen zusammen, um neuerlich über ein bereits beschlossenes Paket zur Steuerharmonisierung auf Unionsebene zu verhandeln. Auf die Grundsätze zum Schließen von Steuerschlupflöchern hatten die Staats- und Regierungschefs sich beim EU-Gipfel von Feira in Juni geeinigt. Nun legt sich Luxemburg, das von Anlagen von Bürgern aus der EU bei ihren Banken enorm profitiert, wieder quer. Jean-Claude Juncker, der Premier- und Finanzminister in Personalunion ist, werde die Sache als Spielmaterial für die Reformverhandlungen beim EU-Gipfel von Nizza Anfang Dezember nicht so rasch aus der Hand geben, hieß es Freitag in Brüssel. Zinsertragssteuer Den Luxemburgern stößt vor allem der Vorschlag sauer auf, die Zinsertragsteuer EU-weit auf 25 Prozent festzulegen. Juncker beharrt auf 10 Prozent. In Feira war festgelegt worden, dass alle EU-Länder ab dem Jahr 2010 auf die Weitergabe von Informationen über Steuerausländer an die Behörden der Herkunftsländer der Anleger verpflichtet werden. Bis dahin sollte es aber möglich sein, sich der Informationspflicht durch Einhebung einer einheitlichen Quellensteuer zu entziehen. Uneinigkeit gibt es auch in der Frage, wie die Steuern zwischen den involvierten Ländern aufgeteilt werden. Die EU-Ratspräsidentschaft schlägt ein Verhältnis von 90 zu 10 zugunsten der Steuerwohnsitzländer vor, was Luxemburg ablehnt. Belgien verlangt, dass nur 75 Prozent der eingenommenen Kest weitergegeben werden müssen. Luxemburg will auch eine Ausnahme für Investmentsfonds. Umstritten ist auch, ab wann "alte" Anleihen von den Regelungen betroffen wären.

Österreich, das in Feira wegen des Bankgeheimnisses für einen riesigen Wirbel gesorgt hatte, hat nach Aufhebung der anonymen Sparbücher damit wenig Probleme. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Printausgabe 25.11.2000)