Wien - Die schönste Nachricht zuerst: Der jung verstorbene Franzose Bernard-Marie Koltès, einer der bedeutendsten Dramatiker der letzten Jahrzehnte und in Österreich bisher kaum beachtet, soll noch in dieser Saison am Akademietheater gespielt werden. Am 19. Mai wird - als Koproduktion mit den Wiener Festwochen - Koltès' Roberto Zucco in der Inszenierung des Meisters subtiler Bild-Regie Klaus Michael Grüber zur Aufführung gelangen. Die Hauptrolle übernimmt August Diehl. Von dieser theatralen Kostbarkeit abgesehen, bot die Pressekonferenz des Burgtheaters zur Saison-Hälfte wenig Neues. Andrea Breth wird Kleists Käthchen von Heilbronn , gespielt von Johanna Wokalek, vorziehen, Maria Stuart dagegen erst nächstes Jahr inszenieren. Einar Schleef bringt im Juni seine Nietzsche-Trilogie zur Uraufführung, auf der Bühne werden neben Schleef Edith Clever und Barbara Petritsch agieren. Bleibt die Frage nach den jüngeren Regisseuren: Andreas Kriegenburg will in einer Monster-Produktion Danton's Tod von Georg Büchner und Heiner Müllers Der Auftrag hintereinanderwuchten. Acht Stunden lang spielt man Revolution! , für das nötige Revolutions-Gefühl garantieren dem zahlenden Publikum eine Gulaschkanone und Texte, Lieder, Filme. Sven-Eric Bechtolf inszeniert Molières Tartuffe . Thomas Bernhard im Labor Im Kasino am Schwarzenberg-Platz - "Das Kasino ist unser Labor" - experimentiert Dramaturg Stephan Müller mit Thomas Bernhard: Alte Meister wird im kommenden März Premiere haben. Und Dramaturg Joachim Lux entdeckt Reinhard P. Grubers landauf, landab gespielte "steirische Wirtshausoper in einem Rausch" Heimatlos . Mit einem Artaud-Projekt Joachim Schlömers schließlich endet die Kasino-Reise ins Wagnis des Experimentalen. Neueste Dramatik wird ausschließlich im kleinsten Spiel-Raum des Burgtheaters, dem Vestibül, geboten: Gier, die liebes- und todes-sehnsüchtige Sprach-Partitur der britischen Dramatikerin Sarah Kane in der Regie Katrin Hillers, Thomas Jonigks früher Text Rottweiler , inszeniert von Stephan Rottkamp, Parasiten des deutschen Dramatikers Marius von Mayenburg, Regie: Dieter Boyer. Bei allen Regisseuren handelt es sich um Assistenten aus den Reihen des eigenen Hauses. Zufriedenheit herrscht im Bereich der Zahlen. 82,5 Prozent Auslastung konnte Bachler vermelden, "vor allem auf den teuren Plätzen". Gleichzeitig gelangen Einsparungen von 60 Millionen Schilling. Was Klaus Bachler zu manchem Eigenlob Gelegenheit bot. Man fühlte sich an diesem Morgen weitgehend als "Vorreiter gegenüber unseren Schwesterhäusern, der wir ja fast immer sind." Weshalb man auch künftig der herkömmlichen "Quotensucht, den schleichenden Populismen" entgegenwirken wolle. Mit "sperrigen Stücken". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26. 11. 2000)