Kann sich der Erfolg der Aktienmärkte in Spanien und Portugal im Osten wiederholen? Konkret geht es darum, dass der Beitritt der beiden Länder zur EU einen langfristigen Aufwärtstrend an den Aktienbörsen in Lissabon und Madrid auslöste. Der Spanien-Index stieg von Ende 1994 bis Ende 1999 um 270 Prozent, während der Gesamt-Europa-Index im gleichen Zeitraum "nur" rund 150 Prozent zulegen konnte. Länderfonds, die sich auf iberische Aktien konzentrierten, profitierten davon. Der Credit-Suisse-Spanien-Fonds beispielsweise stieg von Anfang 1996 bis Ende 1999 um rund 280 Prozent. Die Überlegung, dass bei den osteuropäischen Beitrittskandidaten Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien und Estland Ähnliches passieren könnte, ist also nicht von der Hand zu weisen. Indizien dafür gibt es. In einem Ranking der Wettbewerbs- und Wachstumsfähigkeit, das vom World Economic Report für 1999 und 2000 erstellt wurde, liegt zum Beispiel Beitrittskandidat Ungarn bereits auf Platz 26 (1999: 38) vor Spanien und Italien, Tschechien auf Platz 32 (1999: 39) vor Griechenland, das wieder nur einen Platz vor Polen rangiert. Konvergenz-Effekte nennen das die Profis. Es gibt zwar schon seit Jahren Aktienfonds, die sich auf Osteuropa spezialisieren. Doch deren Attraktivität für das breite Publikum war in Zeiten der Technologie-, Internet-und Bio-Pharma-Spezialfonds bisher nicht allzu groß. Neue Aufmerksamkeit Auch die schwere Performance-Delle im Oktober 1998, bedingt durch die russische Zahlungskrise, schreckte offenbar ab. Diese Skepsis könnte sich in nächster Zeit durchaus ändern. Die Positiva: Sinkende Inflationsraten, die das Währungsrisiko wesentlich vermindern, steigende Zuwachsraten im BIP. Ebenfalls positiv sollte sich der neue Handelsplatz Newex auswirken. Negativa wären allerdings politische Unsicherheiten in den Kandidaten-Ländern und konjunkturelle Rückschläge in der EU. Jedenfalls zu beachten ist der längerfristige Zeit-Horizont der Anlage. Mehrere Investmentfonds sind dabei, auf den anrollenden Zug aufzuspringen. Konvergenz, mehr oder weniger pur, wird angeboten. Raiffeisen hat bereits im Mai den Konvergenz-Aktien-Fonds aufgelegt (siehe Grafiken), der auch Russland, die Türkei, Griechenland und Israel einschließt. Manager Karl Hrdina: "Das ist eine Auslegungsfrage. Wir zielen mit unseren Fonds auf die Konvergenz der realen Wirtschaften ab, auf die Integration in den paneuropäischen Wirtschaftsraum. Da zählen eben Israel und die Türkei auch dazu." Russland war per Ende September mit 17 Prozent im Fonds vertreten. "Wir haben Russland vor allem wegen der Rohstoff-Preisentwicklung überproportional im Portefeuille. Aber wir sind kein Russland-Haus. Aber auch keine Benchmark-Trackers." In den nächsten Tagen kommt ein weiterer Raiffeisenfonds "Konvergenz-Wachstum" auf den Markt. Der Länderkreis entspricht dem bestehenden Konzept, die Aktienauswahl zielt aber ausschließlich auf Unternehmen mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten und hohem Return on Equity oder Return on Investment. Etwas anders profilieren die Investment-Manager im Frankfurter Bankhaus Metzeler ihren neuen Osteuropa-Konvergenz-Fonds. Sie halten sich strikt an die aussichtsreichen EU-Beitrittsländer der ersten Gruppe. "Russland ist für uns kein Thema. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung ist zu wenig abschätzbar", glaubt Manager Stefan Völkel. Aus seinen Anlage-Ländern erwartet er bei Investment zum geeigneten Zeitpunkt, nämlich jetzt, überdurchschnittliche Erträge bei angemessenem Risiko. Wer den Konvergenz-Aufschwung nützen, auf Erfahrungswerte aber nicht verzichten will, findet in den älteren Osteuropa-Fonds genügend Auswahl. (Nikolaus Dolenz, DER STANDARD, Printausgabe 27.11.2000)