London - Eine höchst raffinierte Gentherapie für Diabetes Typ 1 - die in der Kindheit beginnende Autoimmunkrankheit, bei der die Insulin-produzierenden Zellen im Pankreas zerstört werden - ist US-Forschern an Mäusen und Ratten gelungen. Ob sie auf Menschen übertragbar ist, steht allerdings dahin. Bei Diabetes Typ 1 produziert der Körper keinerlei Insulin, das den mit der Nahrung ins Blut kommende Zucker abbauen könnte. Deshalb verabreicht man dem Körper Insulin - mit Spritzen oder inhaliert -, aber das ist nicht nur unangenehm, es ist ein grobes Mittel: Insulin muss genau dann produziert werden, wenn Zucker im Blut ist. Als feinere Mittel versucht man schon länger Implantate von Pankreas-Zellen und nun erstmals eine Gentherapie. Dafür hat man das Gen eines Insulin-Analogs in ein Virus als Genfähre eingebaut und das ganze Konstrukt unter die Kontrolle eines Gens gestellt, das in der Leber ein Enzym mobilisiert, wenn im Blut Zucker ist. Diese komplexe Genmaschinerie wurde den Mäusen ins Blut injiziert, und sie fand nicht nur den Weg zur Leber, sie wurde ausschließlich dort eingebaut. Dann machte man die Mäuse - mit Zellgiften - zu Diabetikern. Und das Mirakel ging weiter: Die Leberzellen mit dem Fremdgen produzierten in exakter Antwort auf den Blutzuckerspiegel das Insulin-Analog - es wirkt wie Insulin, ist aber vom Körper einfacher zu produzieren -, und zwar bis zu acht Monaten lang. Aber Mäuse sind keine Menschen, die Forscher warnen vor zu rascher Hoffnung. (Nature, Vol. 408, S. 483) (jl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2000)