Kopenhagen/New York/Rochester/Philadelphia - Dänische Forscher haben herausgefunden, auf welche Weise viele Bakterienstämme resistent gegen Antibiotika werden könnten. Die Bakterien profitieren vom menschlichen Schweiß, berichten die Wissenschafter in der Fachzeitschrift Antimicrobial Agents and Chemotherapy. Manche neuen Antibiotika können mit dem Schweiß aus dem Körper austreten. Auf der Körperoberfläche vorhandene Bakterien entwickeln dann Resistenz gegen diese Medikamente. Anschließend reicht bloßer Hautkontakt, um die superresistenten Bakterien zu übertragen. "Ich glaube, das Risiko ist in den Achselhöhlen und im Damm rund um den Anus am größten, weil wir hier am stärksten schwitzen", sagt der Studienleiter Niels Hoiby von der Universität Kopenhagen. Dies seien auch die Regionen, wo etwa resistente Bakterien der Gruppe der Staphylokokken zu finden sind. Daher sollte, meint Hoiby, der Einsatz jener Antibiotika, die am leichtesten ausgewaschen werden, stark eingeschränkt werden. Das betreffe vor allem die gegen Atemwegs- und Harnwegsinfektionen eingesetzten Cephalosporine. Allerdings warnen andere Ärzte vor dem vorschnellen Absetzen dieser Antibiotika, diese seien unverzichtbar. Die zunehmende Resistenz gegen Antibiotika macht auch die Gonorrhöe immer schwerer behandelbar, berichtete kürzlich die US-Gesundheitsbehörde "Center for Disease Control and Prevention" (CDC). Bereits in den 80ern wurden die Erreger gegen Penicillin und Tetracykline immun, nun weite sich die Resistenz auch auf die neuen Antibiotika aus. Antibiotika-Resistenz entwickelt sich immer mehr zu einer weltweiten Bedrohung, warnte auch die WHO. Atemwegserkrankungen und Ohrentzündungen könnten bald nicht mehr mit Antibiotika heilbar sein. "Wir können möglicherweise viele Medikamente, die heute zur Behandlung von Infektionskrankheiten zur Verfügung stehen, nur noch ein oder zwei Jahrzehnte nützen", warnt ein WHO-Experte.Wirkstoff aus Wanzen Forscher vom Wistar Institute in Philadelphia wollen jetzt neue Medikamente gegen resistente Bakterien aus Insekten gewinnen, berichtet der New Scientist. Insekten benutzen zur Bakterienabwehr anstelle von Antikörpern kleine Peptid-Moleküle. Diese fressen Löcher in die Zellwände von Bakterien, sind aber meist auch für Säugetiere giftig und für Menschen ungeeignet. In der Feuerwanze wurde nun mit dem so genannten Pyrrhocoricinein ein Peptid gefunden, das nur Bakterienwände angreift. Mit dem geeigneten Trägermaterial soll damit auf einzelne Bakteriengruppen gezielt werden können. Um die gefährlichen, weil oft resistenten Infektionen in Spitälern zu bekämpfen, sei neben neuen Medikamenten auch die Beseitigung unerkannter Infektionsherde nötig, schreiben US-Wissenschafter des New York Presbyterian Hospital im New England Journal of Medicine. Tödliche Spitalskeime Sie haben auf der Geburtsstation tödliche Keime unter den Fingernägeln des Personals entdeckt. Aber auch Ohrentzündungen und Nagelpilze beim Personal könnten für Infektionen bei den Säuglingen verantwortlich sein. Studien der CDC haben auch gezeigt, dass sich nur die Hälfte der US-Ärzte und Krankenschwestern die Hände sorgfältig waschen, bevor sie mit Patienten in Kontakt treten. Krankenschwestern zeigten eine höhere Disziplin als Ärzte. (hu/rbe, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2000)