Wien/Bern - Liane Haid, Österreichs erster Filmstar, ist am Dienstag 105-jährig in Bern in ihrem Haus im Kreise ihrer Familie gestorben, teilte eine Wiener Freundin der Familie unter Berufung auf den Sohn Haids am Mittwoch mit. Liane Haid wurde am 16. August 1895 als eine von drei Töchtern eines Musikalienhändlers in Wien-Alsergrund geboren und zur Tänzerin ausgebildet. Schon als Kind erregte sie in Solorollen auf der Bühne der Wiener Hofoper so großes Aufsehen am Kaiserhof, dass sie als Tanzpartnerin von Erzherzog Max, dem Bruder des späteren Kaisers Karl, engagiert wurde. Dann aber faszinierte sie die in den Anfängen steckende neue Kunstgattung Film mehr. Für die gerade gegründete Wiener Kunstfilmgesellschaft drehte sie zwischen 1915 und 1918 insgesamt 18 Filme, wobei die Bandbreite von Kriegspropagandstreifen wie "Mit Herz und Hand fürs Vaterland" bis zu Titeln wie "Sommeridylle" reichte. Der Großindustriellen Baron Fritz von Haymerle, den sie 1923 heiratete, schenkte ihr eine eigene Filmgesellschaft, die "Micco-Film". Den eigentlichen Durchbruch schaffte Haid aber nicht in einer Eigenproduktion, sondern 1921 als Protagonistin und Partnerin von Conrad Veidt in Richard Oswalds Historienfilm "Lady Hamilton". Ein Jahr später stand sie für "Lucrezia Borgia" wiederum mit Veidt, sowie mit Albert Bassermann und Adele Sandrock vor der Kamera. Zunächst für die Davidson-Filmgesellschaft, später für die Ufa folgten Stummfilme wie "Liebesfeuer" (1925), "Die Brüder Schellenberg" (1926) und "Die Csardasfürstin" (1927). Insgesamt überzeugte sie mit Natürlichkeit vor allem in Rollen von unkomplizierten jungen Frauen aus dem Volk. Auch den für viele Stummfilmstars desaströsen Übergang zum Tonfilm meisterte Haid problemlos und mit über 30 vertonten Streifen. In "Das Lied ist aus" aus dem Jahr 1930 sang sie als Partnerin von Willi Forst den Robert Stolz-Schlager "Adieu, mein kleiner Gardeoffizier". Sie drehte mit allen damaligen Schauspielgrößen, insbesondere aber Haid und Forst wurden ein beliebtes Filmpaar. Trotz ihrer nahezu perfekten Englischkenntnisse lehnte die viel Bewunderte Angebote aus England und den USA zum Ausbau einer internationalen Karriere ab und spielte stattdessen in Berlin und Wien Theater. Einen jähen Einbruch erlitt ihre Karriere mit der NS-Machtübernahme. 1934 rissen die Verpflichtungen nach Deutschland ab, in Österreich entstanden noch Filme wie "Ungeküsst soll man nicht schlafen geh'n" (1936 mit Iwan Petrovich und Heinz Rühmann) und "Peter im Schnee" (1937 mit Traudl Stark und Paul Hörbiger). Auch drehte sie 1936 in England unter Basil Dean den Mozart-Film "Whom the Gods Love". 1942 flüchtete Haid mit ihrem Sohn, dem Musiker Pierre Spycher-Haid, in die Schweiz. Dort heiratete sie den Schweizer Arzt Carl Spycher, den sie jahrelang auf seinen Tropenreisen begleitete. Ein Comeback-Versuch in der auf Paul Löwinger zugeschnittenen Filmposse "Die fünf Karnickel", in der sich die einstige gefeierte Filmschönheit als ältere Dame mit gütigem Gesicht präsentierte, scheiterte 1953. Haid wurde mit dem Deutschen Filmpreis "für langjähriges hervorragendes Wirken im deutschen Film" und 1992 in Wien mit dem "Rosenhügel-Preis "ausgezeichnet. Liane Haid wird in Wien in einer Familiengruft im Rahmen einer Trauerfeier am 5. Dezember um 15.00 Uhr auf dem Dornbacher Friedhof bestattet werden, wurde unter Berufung auf den Sohn Haids mitgeteilt. Link zu ihrer Werkliste auf der Internet Movie Database . (APA/hcl)