Natur
Wale zeigen kulturelle Tendenzen
Pazifische Buckelwale übernahmen vor kurzem Gesänge von Artgenossen aus dem Indischen Ozean - "eher revolutionär als evolutionär"
Paris - Genau wie Menschen einen Ohrwurm nachsingen, scheinen nach Erkenntnissen australischer Forscher auch Buckelwale
neue Lieder zu lernen. Wie die Wissenschafter der Universität Sydney in der neuen Ausgabe der Zeitschrift "Nature"
berichteten, haben
singende Wale aus dem Westpazifik von ihren Artgenossen aus dem Indischen Ozean einen neuen Gesang übernommen.
Die Forscher nahmen zwischen 1995 und 1998 vor dem Great Barrier Reef vor der australischen Ostküste die Gesänge männlicher
Buckelwale auf. Dort ziehen die Meeressäuger zweimal im Jahr auf ihrem Weg von und zu ihren Paarungsgebieten vorbei. 1995 und 1996
sangen noch 80 von 82 Walen das gleiche "Lied", mit dem sie im Brautwerbungs-Ritual auf sich aufmerksam machen. Die beiden anderen
hatten einen vollkommen anderen Gesang, den die Wissenschafter von den Walen im Indischen Ozean vor der australischen Westküste
kannten.
Aufsteiger der Woche
Ein Jahr später hatte der Gesang der beiden Immigranten die anderen Wale angesteckt, und er entwickelte sich rasant zu einem Hit. Auf dem
Weg in den Norden nutzte ein Großteil der 112 Meeressäuger Versatzstücke des neuen Gesangs mit Teilen des alten. Auf dem Rückweg in
den Süden sangen fast alle Männchen das neue "Lied". 1998 schließlich hatte es sich durchgesetzt, und alle brachten nur noch den neuen
Gesang zu Gehör.
"Das rasante und vollständige Ersetzen eines komplexen Gesanges binnen weniger als zwei Jahren ist eher revolutionär als evolutionär",
erklärte das Forscherteam. Dies zeige, dass Neuheiten den Gesang der Buckelwale beeinflussen. Eine derartige "kulturelle Revolution" sei
bisher bei den Lautäußerungen anderer Tiere nicht bekannt. (APA)