Knapp zwei Wochen nach der spektakulären Festnahme von zwei Infomatec-Vorständen ziehen Aktionäre des angeschlagenen schwäbischen Softwareunternehmens jetzt vor Gericht. Im Namen von mehr als 20 Anlegern, die sich um ihr Vermögen geprellt sehen, habe man beim Landgericht Augsburg Schadensersatzklage gegen die Infomatec AG (Gersthofen bei Augsburg) eingereicht, teilte die Münchner Anwaltskanzlei Rotter-Rechtsanwälte am Mittwoch mit. Unterdessen hat das am Neuen Markt notierte Unternehmen seine Umsatz- und Ergebnisprognose für das laufende Jahr erneut drastisch nach unten korrigiert. Nunmehr rechnet Infomatec mit einem Jahresumsatz von 35 Mill. Euro (482 Mill. S) und weit höheren Verlust vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) von 60 Mill. Euro. Noch im August war von einem Umsatz von 50 Mill. Euro und einem Verlust von fast 26 Mill. Euro ausgegangen worden. In den ersten neun Monaten entstand nach Angaben der Infomatec Integrated Information Systems AG vom Mittwoch in Augsburg zufolge ein Verlust (EBITDA) von 50,7 Mill. Euro bei 32,8 Mill. Euro Umsatz. Insgesamt habe der Fehlbetrag bei 71,2 Mill. Euro gelegen. Die angekündigte Restrukturierung und die Turbulenzen um das Unternehmen hätten das Ergebnis stark belastet. Musterprozess

Die Anwälte der klagenden Aktionäre wollen in einem Musterprozess klären, ob das Unternehmen und seine beiden in Untersuchungshaft sitzenden ehemaligen Vorstände Gerhard Harlos und Alexander Häfele wegen falscher Ad-Hoc-Meldungen zur Verantwortung gezogen werden können. Die Kläger werfen Infomtec vor, fälschlich Aufträge über 163 Mill. DM gemeldet zu haben. Tatsächlich hätten zum Zeitpunkt der Mitteilungen aber nur Orders in Höhe von knapp 7,7 Mill. DM bestanden. Eine rosige Kursentwicklung vor Augen, hätten viele Anleger daraufhin zu den Papieren des Unternehmens gegriffen, während sich die beiden Vorstände von Aktienpaketen im Wert von insgesamt 56 Mill. DM getrennt hätten, erklärte Rechtsanwalt Klaus Rotter.

Mit einer Entscheidung des Augsburger Landgerichts rechnet der Anwalt "in etwa sechs bis acht Monaten". Das gesamte Verfahren könne sich aber über drei Jahre erstrecken. "Die Beweislage ist sehr günstig. Wir müssen dafür sorgen, dass die beiden Vorstände so nicht davonkommen", sagte Rotter. Ziel sei die Entschädigung für entstandene Kursverluste.

Mitte Oktober hatte die Staatsanwaltschaft erstmals die Infomatec- Firmenzentrale sowie weitere Räume des Unternehmens durchsucht und Beweismaterial sicher gestellt. Danach waren Harlos und Häfele wegen Fluchtgefahr festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Kursbetrug, verbotene Insider-Geschäfte und falsche Darstellung der Unternehmensverhältnisse vor. Am derzeit ohnehin krisengeschüttelten Neuen Markt ist der Sturz des Software-Unternehmens einer der spektakulärsten Fälle. (APA/dpa)