Palo Alto - Amazons Chef Jeff Bezos rief in Feldherrenart zur Schlacht um den Kunden auf. "Wir werden es der Konkurrenz zeigen", trommelte er jüngst. "Wir werden uns wie nie zuvor ins Zeug legen", versprach er und erntete tosenden Beifall seiner Mitarbeiter. Der Onlinebuchhändler zieht nicht allein in die Schlacht. Große und kleine US-Internetfirmen bereiteten sich heuer wie kaum zuvor auf das lukrative Weihnachtsgeschäft vor. Für Spielzeug allein gaben die US-Amerikaner im Vorjahr 425 Mio. Dollar (6,78 Mrd. S) aus. Für nicht wenige Onlineunternehmen geht es heuer schlicht ums Überleben. Denn nach dem katastrophalen Einbruch der Internetaktien ist nicht nur das Geld knapper, die Kapitalgeber wollen Gewinne sehen, bevor sie weiter in Firmen mit luftigen Businessplänen investieren. Noch 1999 gaben Internetfirmen das Geld mit vollen Händen aus: Um Kunden zu akquirieren, wurden Produkte unter dem Einkaufspreis verschleudert. Der Werbeetat kannte keine Grenzen und etablierte Offlinefirmen wurden mit Sonderangeboten in die Offensive gezwungen. Die Situation heute könnte nicht krasser sein. Hochfliegende Unternehmen wie Furniture.com oder Pets.com machten dicht. Zehntausende verloren ihre Jobs bei Start-ups, selbst der Online-Gigant Amazon spürt den Druck. Mangelndes Service Denn den Firmen sitzen nicht nur die Investoren im Nacken. Wenn das Geld für Schnäppchen und kostenlosen Versand fehlt, müssen die Kunden mit Service gewonnen werden. Und daran fehlte es oft im Vorjahr. Weihnachtspäckchen wurden zu spät oder gar nicht ausgeliefert. Die Nachfrage überstieg das Angebot. Zurück blieben Frust und der Schwur, es dieses Jahr besser zu machen. Auch schläft die Konkurrenz nicht. Während Onlinespielwarenhändler eToys weiter den Spitzenplatz im E-Commerce hält, buhlen zunehmend traditionelle Firmen wie Gap, Wal-Mart und Target auf dem Internet um Kunden. Experten schätzen, dass dieser Trend in den nächsten Jahren eher noch zunehmen dürfte. Wal-Marts Vorstoß ins Internet führte bereits bei Amazon zur Gegenattacke in Form von Discounts. Denn der Onlinebuchhändler verwandelte sich zwar in den vergangenen Jahren zu einem Gemischt-warenladen, verfügt jedoch weder über die Lagerkapazitäten noch den Cashflow der Offlinekonkurrenz. An Kunden fehlt es nicht Was nicht heißen soll, dass die Bedingungen für traditionelle Firmen viel rosiger sind. Auch sie müssen beweisen, dass sich im Internet verdienen lässt. Bislang türmen sich nur die Kosten. So häuften Macy's und Bloomingdales beim Onlinebusiness 100 Mio. Dollar Verlust auf. An Kunden dürfte es nicht fehlen. Nach Schätzungen werden rund 35 Mio. US-Bürger 11,6 Mrd. Dollar in den Monaten November und Dezember online ausgeben. Im Vorjahr waren es rund 20 Mio. Kunden bei einem Umsatz von sieben Mrd. Dollar. (Rita Neubauer, DER STANDARD, Printausgabe 30.11.2000)