Wien - "Kleine, innovative Internet-Start-up-Unternehmen haben gerade jetzt große Chancen als Zulieferer der europäische Automobilindustrie", sagte Gerald Weber, Automobilexperte beim Beratungsunternehmen A.T. Kearney in einem Pressegespräch am Mittwoch. Denn die europäischen Hersteller seien auf dem Weg zur Innovationsführerschaft weltweit. Die Zulieferer der Autofirmen würden sich in Richtung zweier Pole bewegen: einerseits großer Systemlieferanten wie etwa Frank Stronachs Magna-Konzern oder eben kleiner Innovationsspezialisten. Die mittleren Unternehmen würden eher Probleme bekommen. "Das Problem ist", so Weber weiter, "dass Unternehmen auch innerhalb eines Automobilclusters wie jenem in der Steiermark oft noch nicht eine gemeinsame Sprache gefunden haben." Sprache bedeutet in diesem Zusammenhang: Computerprogramme, aber auch standardisierte Entwicklungsstrukturen von Produkten für die Autoindustrie. Gemeinsame Webplattformen Hier liege die Lösung in gemeinsamen Web-Plattformen, wie sie für den Einkauf von Teilen für die Automobilproduktion bereits von den großen Herstellern, aber auch von den bedeutenden Zulieferern wie Bosch oder ZF ins Leben gerufen worden sind. Weber sieht die Qualität der "E-Collaboration" als eine der entscheidenden Faktoren für die europäische Autoindustrie.

Eine weiterer Anknüpfungspunkt für Start-up-Unternehmen liege laut Weber in der Entwicklung von einheitlichen "Betriebssystemen" für automobile Elektronik, die künftig die 60 bis 80 verschiedenen Prozessoren in den modernen Fahrzeugen steuern sollen: "Sie können davon ausgehen, dass eine Firma wie Microsoft an so etwas wie Windows Car arbeitet." Damit werde es beispielsweise möglich, das gesamte elektronische System in den Autos von außen per Laptop von Sommer- auf Winterbetrieb umzustellen. Für die Autohersteller ergeben sich laut Weber einerseits Möglichkeiten zu einer weiteren Kostenreduktion, andererseits wären die eingebauten Systeme auch upgradefähig. Was wiederum ein Modell nicht so schnell veralten und damit den Wiederverkaufswert, ein nicht unwichtiges Faktum für mitteleuropäische Autofahrer, nicht so schnell verfallen lässt. (szem, DER STANDARD, Printausgabe 30.11.2000)