Wien - Da blieb, neben aus- schließlich männlichen Passanten, selbst der D-Wagen vor dem Schauspielhaus stehen, obwohl es dort in der Porzellangasse bekanntlich keine Haltestelle gibt. Fahrer wie Fahrgäste glotzten ungläubig in die Auslage des "Schaufensters", wo anscheinend drei lose, die Lippen lüstern leckende Damen mit üppigen, nur notdürftig verhüllten Reizen, ihre Dienste anboten. Doch hier steigt nur das Theater wieder einmal in die Niederungen der Lüste hinab. Regisseur "fishy" (sic!) hat für die "Uraufführung" von Egon A. Prantls Hirntod die Nebenstelle des Hauses in ein von Discoklängen durchwabertes Fensterpuff verwandelt, als ob wir in Amsterdam wären. Das hat einen pikanten Witz und lenkt phasenweise wohltuend von dem verkorksten Dialog ab, der da inzwischen abläuft. Trotzdem: So steht es nicht im Stück, das da als Spielort eine ganz normale "Kneipe" vorschlägt. Und damit beginnen die Probleme mit der szenischen Vorstellung eines Stücks, die es verpeppt, vergagt und schließlich vergeigt, indem es der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Eine glatte Vernichtung in einer Stunde. Das Stück Prantls versucht einen (etwas vermurksten) theatralischen Traktat über Theorie und Praxis der Gewalt zu führen - anhand eines Mannes namens Bürger (sprich Citoyen), der sich gegen die zunehmende Gewalt (der Glatzen) eine Waffe kauft, zwei prototypische Rowdys über den Haufen knallt und sich dann selber ins Jenseits befördert. Im Schaufenster spielt Rainer Frieb das als jammernde Alt-68er-Ruine mit Opas Krankenkassabrille, ein greinender Lederhosen-Schlaffi im Puff, eine Schießbudenfigur. Damit ist das Stück schon zu Ende, bevor es begonnen hat, weil souverän am Grundkonflikt eines schrulligen Theoretikers mit der Realität der Gewalt vorbeiinszeniert. Ein problematisches Stück und eine lustig in die Irre führende Umsetzung: Ob das dem eh so schwer anzuzündenden Interesse für neue Dramen bekömmlich ist? (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 11. 2000)