Sport
Rodrigo Pessoa – der Superprofi aus Brasilien
Wie kaum ein anderer verkörpert der Brasilianer Rodrigo Pessoa die neue Generation der Springreiter: jung, dynamisch, professionell: Mit 25 Jahren wurde er 1998 bei den Weltreiterspielen in Rom der jüngste Weltmeister in der Geschichte des Springsports.
Bei fast allen seiner herausragenden Erfolge kann der Brasilianer mit Wohnsitz in Brüssel (wo er am 29. November 1972 auch geboren ist) in Anspruch nehmen, der Jüngste gewesen zu sein: 1990, dem Jahr, in dem er 18 wurde und. 1992 war er der jüngste Teilnehmer bei den Olynpischen Reiterspielen, den es im Springreiten bisher gegeben hatte, 1994 der jüngste Reiter, der jemals den Großen Preis von Aachen gewonnen hat, und 1998 wurde Rodrigo Pessoa in Rom auf dem Holsteiner Lianos der jüngste Weltmeister im Springsport. Mit letzterem Titel trat der Sohn endgültig aus dem Schatten seines berühmten Vaters Nelson Pessoa heraus, der es zu Zeiten, als die Europameisterschaften noch für Nicht-Europäer offen waren, 1966 bis zum EM-Titel gebracht hatte. Rodrigo Pessoa weiß, daß sein heutiger Erfolg vor allem auch ein Verdienst seines Vaters ist, der seine Karriere von Anfang an konsequent und zielstrebig aufbaute und stets nach Kräften förderte: Mit fünf Jahren saß Rodrigo zum ersten Mal auf einem Pony, mit acht ritt er in Hickstead sein erstes Turnier – und er war erst 17, als er 1990 zum ersten Mal überhaupt an internationalen Großen Preisen teilnehmen durfte und sogleich die Grand Prixs von Nizza und Donaueschingen gewann. Auch seine erste WM-Teilnahme, nämlich mit Special Envoy an den Weltreiterspielen in Stockholm, fällt in dieses Jahr. Rodrigo Pessoa weiß: "Ich ernte die Früchte, die mein Vater gesät hat. Die Zeiten haben sich geändert. Mit der Unterstützung und den Möglichkeiten, die ich heute durch ihn habe, hätte er sicherlich auch noch mehr internationale Titel gewonnen."
Zu Rodrigo Pessoas Erfolgsliste zählen ebenso die beiden Siege in den Weltcup-Finalbewerben 1998 und 1999 und die Mannschaftsbronzemedaille bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta. Doch auch schmerzliche Niederlagen fehlen in der Karriere des siegverwöhnten Reiters nicht: Beim denwkürdigen Weltcup-Finale 1996 in Genf schien er vor dem allerletzten Umlauf schon den Sieg in der Tasche zu haben und hätte sich sogar zwei Abwürfe leisten können, um dennoch als Gewinner den Parcours zu verlassen: Doch der allzu vorsichtig agierende Brasilianer ritt Loro Piana Tomboy zu aufwendig, kam zu groß in die Dreierkombination – und hatte am Ende mit drei Abwürfen alles verspielt, der Sieg ging an Hugo Simon. Der Schock war dem sonst so selbstsicheren Springreiter ins Gesicht geschrieben – aber es war auch eine Lektion, die ihre Wirkung nicht verfehlte: Die beiden Weltcup-Finale in Helsinki 1998 und Göteborg 1999 ließ er sich – deutlich abgebrühter und routinierter reitend – nicht nehmen: Erfahrung ist im Springreiten ein hohes Gut, und man gewinnt sie aus Niederlagen wohl ebenso wie aus großen Siegen.
Seine Ziele für das Jahr 2000 sind hoch gesteckt, "Ich möchte in Las Vegas beim Weltcup-Finale den Hattrick schaffen und ich weiß, ich kann Olympiasieger werden. Die Voraussetzungen sind derzeit für mich optimal. Wenn es mir nicht gelingen sollte, dann bin ich zwar enttäuscht, aber ich weiß, es ist nur eine Frage der Zeit." An Selbstbewußtsein und Ehrgeiz hat es dem 27jährigen noch nie gemangelt, aber das zeichnet den Siegertypen aus, und noch etwas ist für den jungen Brasilianer bezeichnend: So geschickt und gewandt er im Sattel ist, ist er auch in rhetorischen Dingen. Rodrigo Pessoa, der sieben Sprachen spricht, engagiert sich seit mehreren Jahren im internationalen Springreiter-Club, dessen Vorstand er angehört, "Ich gehöre zur jungen Generation. Zu der Generation, die noch am längsten in diesem Sport sein wird. Wir haben unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen." Eine neue Zukunft haben sich Rodrigo und seine Eltern aufgebaut. Um die Jahreswende fand der Umzug auf die eigene Reitanlage statt, die ebenfalls zu Brüssel zählt.
Für seine Titelverteidigung beim Worldcup-Finale will Rodrigo auf den elfjährigen. Französischen Hengst Baloubet de Rouet setzen. Für Sydney hat er sich noch nicht zwischen Lianos und Baloubet fest gelegt.
Birgit Popp
Sportliche Erfolge
1994:
1. Platz Großer Preis Aachen
1996:
4. Platz Weltcup-Finale Genf
3. Platz Mannschaft Olympische Spiele Atanta
1998:
1. Platz Weltcup-Finale Helsinki
1. Platz Einzel Weltmeisterschaft Rom
6. Platz Mannschaft
1. Platz Großer Preis CSI-A Wiesbaden
1999:
1. Platz Weltcup-Finale Göteborg
1. Platz Preis von Europa CSIO Aachen
1. Platz Großer Preis CSI-W Paris-Bercy
2. Platz German Classics Bremen
1. Platz Golden UPS Trophy Amsterdam