Und warum gerade dieses Paar die Fachwelt, aber auch alle jene fasziniert, die nicht in die tiefsten Geheimnisse des Dressursports eingeweiht sind, ist rasch erklärt: Keinem anderen gelingen die Übergänge zwischen der Musik und den Lektionen so harmonisch wie ihr. Kein anderer Reiter setzt die Musik so gekonnt in der Choreographie um, vermag so ausdrucksvoll und leichtfüßig zur Musik "zu tanzen" wie Anky und ihr wunderbarer Bonfire. Aus einer 'Pferdefamilie' stammend – ihr Vater ritt selbst erfolgreich Dressur, während ihre beiden Brüder lieber den Springsattel bevorzugten – hatte Anky schon von frühester Kindheit an mit Pferden Kontakt. Mit ihrem ersten Grand-Prix-Pferd Prisco, den sie schon als Zwölfjährige bekam, konnte sich die heute 31jährige 1988 bereits in ihrer ersten Grand-Prix-Saison für die Olympischen Spiele in Seoul qualifizieren, wo sie mit dem niederländischen Team Fünfte wurde. 1991 gewann sie mit Prisco ihren ersten nationalen Seniorentitel, den sie seitdem Jahr für Jahr mit Ausnahme letzten Jahres, als sowohl Bonfire als auch Partout erkrankt waren, mit Bonfire erfolgreich verteidigte. Mit dem Oldenburger Wallach, den sie dreijährig erwarb, kam für Anky van Grunsven der Durchbruch in die internationale Spitze. Erstmals internationale Aufmerksamkeit erregte das Paar, das von Ankys Lebensgefährten Sjeff Janssen trainiert wird, bei der Europameisterschaft 1991, als es Fünfter im Kürfinale wurde und mit der Mannschaft-Bronze gewann. Im Jahr darauf bei den Olympischen Spielen in Barcelona wurde es Mannschafts-Silber und Platz vier in der Einzelwertung. Nur einmal mußte Bonfire seitdem bei einem internationalen Championat pausieren: 1993 bei der EM in Lipica. Seit 1994 entwickelte sich ein ständiger Zweikampf zwischen der Niederländerin und der Deutschen Isabell Werth. Bei den Weltmeisterschaften 1994 (im Rahmen der Weltreitspiele WEG) in Den Haag gewannen Anky van Grunsven und Bonfire den einzigen Kür-Weltmeistertitel, der jemals vergeben werden sollte. Drei Siege in Folge in den Weltcup-Finalbewerben '95, '96 und '97 folgten. 1998 gaben die Richter in Göteborg der Schwedin Louise Nathhorst den Vorzug und die dreifachen Finalsieger wurden Zweite, doch das Weltcup-Finale '99 in Dortmund sah Anky van Grunsven und ihren eleganten, mit spektakulären Bewegungen in Piaffe und Passage auftretenden Oldenburger erneut als strahlende Sieger. Lange mußte das sonst so erfolgsverwöhnte Dressur-Paar allerdings auf eine Goldmedaille bei einem internationalen Championat warten. Bei den Europameisterschaften '95 und '97 reichte es "nur" für Einzelsilber, ebenso bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta und bei der Dressur-Weltmeisterschaft (im Rahmen der Weltreitspiele WEG) 1998 in Rom (plus Mannschafts-Silber bei allen Championaten): Jedesmal wurden sie von ihren ewigen Rivalen, der Deutschen Isabell Werth und Gigolo, wenn auch oft nur denkbar knapp, geschlagen. Die große Stunde kam im Jahr 1999. Obwohl Bonfire bei der Europameisterschaft in Arnhem sein erstes Freilandturnier der Saison ging, da er nach dem Weltcup-Finale erkrankt war, konnte er mit zwei neuen Punktrekorden im Special (1710/79, 53) und in der Kür (85,84) das ersehnte Einzelgold gewinnen. Zu einem Zweikampf zwischen der Deutschen und der Niederländerin war es allerdings nicht gekommen, da Isabell Werths Gigolo nicht in Arnhem startete. Obwohl beide Pferde dann bereits 17jährig sind, so darf die Dressurgemeinde darauf hoffen, daß es noch einmal zu einem Zweikampf der legendären Vierbeiner bei den olympischen Dressurbewerben in Sydney 2000 kommen wird. Mit seinem Sieg in der Worldcup-Qualifikation im November in Amsterdam hat er erneut unter Beweis gestellt, wieviel Engerie und Ausstrahlung noch in ihm steckt. Wenn Bonfire fit ist, dann wird Anky van Grunsven auf jeden Fall mit ihm nach Australien reisen. Wenn nicht, dann hat sie noch einige jüngere Pferde in der Hinterhand, allen voran den zwölfjährigen imposanten Trakehner Hengst Partout. Birgit Popp Sportliche Erfolge 1988: 20. Platz Einzel Olympische Spiele Seoul 1991: 5. Platz (Kür) EM Donaueschingen 3. Platz Mannschaft 1992: 4. Platz Einzel Olympische Spiele Barcelona 2. Platz Mannschaft 1994: 1. Platz WM (Kür) Den Haag 1995: 1. Platz Weltcup-Finale Los Angeles 2. Platz Einzel EM Mondorf 2. Platz Mannschaft 1996: 1. Platz Weltcup-Finale Göteborg 2. Platz Einzel Olympische Spiele Atlanta 2. Platz Mannschaft 1997: 1. Platz Weltcup-Finale ’s-Hertogenbosch 2. Platz Einzel EM Verden 2. Platz Mannschaft 1998: 2. Platz Weltcup-Finale Göteborg 2. Platz Einzel WM Rom 2. Platz Mannschaft 1999: 1. Platz Weltcup-Finale Dortmund 1. Platz Einzel Europameisterschaft Arnhem