Hugo Simon braucht in Springsport-Kreisen nicht näher vorgestellt zu werden – er ist das, was man eine "lebende Legende" nennt, und das mit Recht. Auf den großen Turnieren dieser Welt ist Hugo meist der Publikumsliebling: Die Zuschauer lieben seinen Kampfgeist und seinen Siegeswillen, der ihn selbst in ausweglosen Situationen nicht losläßt: Hugo gibt immer 100 % – und das mag man eben. Hugo Simon ist am 3. August 1942 in Krummwasser/ehem. CSFR geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Hugos Eltern – wie die meisten Deutschen – aus der CSFR vertrieben und kamen nach Hessen. Hugos Vater – ein Pferdehändler, war die treibende Kraft hinter Hugo Simons Reitkarriere und verordnete Hugo schon mit acht Jahren die ersten Reitstunden. "Mein Vater hat mich nur zu den besten Ausbildern geschickt: Dressurreiten habe ich vor allem bei Heinrich Boldt gelernt, Springreiten bei Micky Brinckmann." Nach und nach arbeitete sich Hugo Simon im deutschen Springreiter-Lager nach oben – und hatte bereits ein großes Ziel vor Augen: die olympischen Spiele in München 1972. Hugo Simon wurde jedoch nur als Ersatzmann nominiert – und war darüber so enttäuscht, daß er prompt die Nation wechselte und bei den olympischen Spielen 1972 schon für Österreich an den Start ging: Mit Lavendel wurde er ausgezeichneter Vierter im Einzelbewerb. Lavendel blieb in den 70er Jahren Hugos Top-Pferd, das vor allem bei Championaten immer für Spitzenplazierungen gut war: "Lavendel war wirklich ein sehr gutes Championatspferd, er war bei den Olympischen Spielen 1972 Vierter und 1976 in Montreal Fünfter, war außerdem bei zwei Europameisterschaften Vierter und bei der Weltmeisterschaft 1974 Dritter. Nebenbei ritt ich auch noch Flipper, der war mein absolutes Lieblingspferd! Der wollte einfach immer gewinnen – und war auch eines der erfolgreichsten Springpferde der Welt, 156 schwere Prüfungen hat er gewonnen!" Fast ein Jahrzehnt lang – von 1978 bis 1987 – war der Liechtensteiner Rechtsanwalt Dr. Herbert Batliner, damals österreichischer Honorarkonsul, Hugos wichtigster Sponsor und ermöglichte ihm den Ankauf von Pferden wie Gladstone, Landgräfin oder Little One. Hugo Simon eilte in dieser Zeit von Erfolg zu Erfolg: "Sechs Jahre hindurch war ich erfolgreichster Springreiter der Welt, mit Gladstone habe ich das erste Weltcup-Finale 1979 und die Ersatz-Olympiade 1980 in Rotterdam gewonnen." Später sammelte Hugo Simon mit The Freak sportliche Lorbeeren, war bei den olympischen Spielen 1984 in Los Angeles dabei, wurde EM-Fünfter 1985 und WM-Sechster 1986. Doch Ende der 80er Jahre – als Batliner das Top-Pferd The Freak an Paul Schockemöhle verkaufte – zerschlug sich die Partnerschaft, Hugo verlor seine besten Pferde und sportlich den Anschluß an die absolute Weltspitze. Den Tiefpunkt seiner Karriere – vor allem den psychologischen – erreichte er 1988 bei den olympischen Spielen in Seoul, als sein Pferd Gipsy Lady vor dem Wasserhindernis verweigerte und ihn ins kühle Naß beförderte: Hugo war demoralisiert – und dachte ernsthaft ans Aufhören. Er widmete sich verstärkt seiner Baufirma, der Hugo Simon Bau-Regie, die er gemeinsam mit seinem Freund und Geschäftspartner Michael Ritter erfolgreich aufgebaut hatte. Doch eines Tages sagte Michael Ritter schließlich: "Wenn wir so weitermachen kommen wir nie mehr auf Olympische Spiele. Jetzt mach ich die Arbeit – und du konzentrierst Dich wieder aufs Reiten!" Für neue Motivation sorgte insbesondere auch die Zusammenarbeit mit dem Zweibrücker Gestüt Drachenhof. Hoffnungsvolle Jungpferde wie Apricot D, Allez France D, Magnum D und Amaretto D (D steht für Drachenhof) kamen zu Hugo Simon und ermöglichten es ihm, noch einmal so richtig durchzustarten: Mit Apricot D gewann Hugo Simon bei den olympischen Spielen 1992 in Barcelona Silber mit der österreichischen Mannschaft und wurde Fünfter bei der EM 1993 in Gijon. Das ganz große Los zog Hugo jedoch im Dezember 1993 – als es ihm gelang, den 1987 geborenen Hannoveraner Fuchswallach E.T. FRH (v. Espri) zu erwerben. 1995 gewann Hugo mit E.T. bereits das Hamburger Derby, 1996 wurde er Vierter bei den olympischen Spielen in Atlanta und gewann das Weltcup-Finale in Genf, 1997 siegte das Paar im Weltcup-Finale von Göteborg, 1998 im Großen Preis von Aachen und in Monterrey. 1999 schonte Hugo seinen kongenialen Partner – und baute ihn nun behutsam, doch konsequent auf sein ganz großes und vielleicht letztes Ziel auf – nämlich die olympsichen Spiele 2000 in Sydney. Ein Erfolg bei diesem Ereignis wäre wohl das letzte fehlende Stück, das der 1,62 m große Hugo Simon dem Stoff seiner Träume hinzufügen könnte. Doch einzigartig und legendär ist er schon jetzt – nicht nur aufgrund seiner zahllosen Erfolge (er ist z. B. der einzige Reiter in der Geschichte, der das Weltcup-Finale drei Mal gewinnen konnte – 1979, 1996 und 1997), sondern vor allem auch aufgrund des Umstandes, daß Hugo Simon seit drei Jahrzehnten zur absoluten Weltspitze im internationalen Springsport zählt – was ihm so schnell keiner nachmacht. Zwischen seinem vierten Platz bei den Olympischen Reitbewerben von München 1972 und seinem vierten Platz in Atlanta 1996 liegen 24 Jahre, und das ist wohl – sogar außerhalb des Pferdesports – kein zweites Mal zu finden. Hugo Simon hat tatsächlich alles gewonnen, was es in der Welt des Springsports zu gewinnen gibt – mit einer einzigen Ausnahme freilich, die seine letzte große Herausforderung geblieben ist: Hugo Simon gewann in seiner grandiosen Karriere niemals ein Championat. Er wurde nie Weltmeister, Europameister oder Olympiasieger – weder als Einzel- noch als Mannschaftsreiter. Nur die als "Ersatz-Olympiade" in die Geschichte eingegangen Weltreitspiele von Rotterdam 1980 (wegen des Boykotts der Olympischen Spiele in Moskau durch viele westliche Nationen durchgeführt) konnte er gewinnen. Vielleicht ist dieser Umstand auch mit ein Grund für den ungebrochenen Ehrgeiz des heute 57jährigen – und wer weiß: Zumindest eine Olympiade liegt noch vor ihm – bei der er es noch einmal probieren wird. Natürlich mit 100%igem Einsatz, versteht sich. Leo Pingitzer Sportliche Erfolge 1972: 4. Platz Olympische Spiele München 1974: 3. Platz WM Hickstead 1975: 4. Platz EM München 1976: 5. Platz Olympische Spiele Montreal (Platz 11 Mannschaftswertung) 1977: 10. Platz EM Wien-Südstadt 1978: 3. Platz EM Rotterdam 1979: 1. Platz Weltcupfinale Göteborg 1980: 4. Platz Weltcup, 1. Platz bei der Ersatz-Olympiade Rotterdam 1983: 5. Platz EM Hickstead 6. Platz Mannschaft 2. Platz Weltcup Wien 1985: 5. Platz EM Dinard 5. Platz Weltcup Berlin 1986: 6. Platz WM Aachen 6. Platz Weltcupfinale Göteborg 1992: 2. Platz Olympische Spiele Barcelona Manschaftswertung 1993: 5. Platz EM Gijon 1995: 8. Platz Nationencup EM St. Gallen 1. Platz Großer Preis Bremen 2. Platz Großer Preis CSI Monterrey (Mexiko) 1996: 1. Platz Weltcupfinale Genf 2. Platz Großer Preis Aachen 4. Platz Olympische Spiele Atlanta 2. Platz Audi Grand Prix Wien 1997: 2. Platz EM Mannheim 1. Platz Weltcupfinale Göteborg 1. Platz Audi Grand Prix Wien 1998: 8. Platz Weltcup-Finale Helsinki 1. Platz Großer Preis Aachen (und damit Sieg in der Pulsar Crown, die mit 800.000,– US-Dollar höchstdotierte Trophäe des internationalen Springsports) 1. Platz Audi Grand Prix Wien 1999: 2. Platz Audi Grand Prix Wien Hugo Simon wurde insgesamt zehn Mal Österreichischer Staatsmeister im Springreiten (1972, 1973, 1974, 1976, 1978, 1985, 1988, 1989, 1991, 1992)