Knapp zwei Stunden lang wurde der Kärntner Landeshauptmann und ehemalige FPÖ-Obmann Jörg Haider am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht einvernommen. Als Zeuge in einem von ihm angestrengten Verfahren wurde er eingehend zu seiner Rhetorik befragt. Die "Süddeutsche Zeitung " hatte im Dezember 1999 im Magazin-Teil einen "Gesinnungs-Quiz" veröffentlicht, in dem Zitate Haiders und Adolf Hitlers gegenüber gestellt wurden. Die Leser sollten diese richtig zuordnen. Haider fühlte sich dadurch auf den Schlips getreten und klagte nach dem Mediengesetz. Er begehrt eine Gegendarstellung, die - sollte er Recht bekommen - in einem inländischen Medium auf Kosten der "Süddeutschen Zeitung" publiziert werden müsste. "Dafür gibt es keinen wirklichen Nachweis ..." Mehr als ein Dutzend Zitate hatte die Zeitung abgedruckt, die angeblich von Haider stammen sollen. Punkt für Punkt ging nun Richter Frederick Lendl diese Passagen durch und fragte den Politiker, ob er die gegenständlichen Sätze, die nach Ansicht der "Süddeutschen" an die Rhetorik der Nationalsozialisten erinnern, auch wirklich gesagt habe. Was Haider in einigen Fällen entschieden in Abrede stellte. Den Satz "Wir Ädie FPÖ, Anm.Ü sind das Schädlingsbekämpfungsmittel" habe er etwa nie ausgesprochen: "Das ist nicht meine Diktion. Das ist ein mir zugeordnetes Zitat, dafür gibt es keinen wirklichen Nachweis." Haider: "Ich nehme an, dass die Nazis auch 'Guten Morgen' gesagt haben" In anderen Fällen relativierte Haider, etwa bei seiner bekannten Aussage über die österreichische Nation als angeblich "ideologische Missgeburt" oder seiner Feststellung, wonach der Parlamenatarismus eine "formaldemokratische Maskerade" sei. Er lasse sich dadurch nicht in die Nähe von Hitler rücken, betonte Haider: "Ich nehme an, dass die Nazis auch 'Guten Morgen' gesagt haben. Das ist nicht inkriminiert". Er habe den Begriff "Missgeburt" als "Kunstgriff" verwendet, "weil damals Äbei der Begründung der Republik, Anm.Ü kein wirklicher Rückhalt der Bevölkerung gegenüber gestanden ist." Im Hinblick auf den Parlamentarismus habe er nur feststellen wollen, "dass formaldemokratisch legitimierte Funktionsträger existieren," so Haider. Zugegeben Zu einigen Angaben bekannte er sich hingegen unumwunden, etwa zu dem Statement: "Wir geben Geld für arbeitsscheues Gesindel aus, aber wir haben kein Geld für anständige Menschen." Das habe er "durchaus so gesagt", betonte Haider. "Ich pflege die Dinge so zu analysieren, dass man die Sache auf den Punkt bringt", meinte der Zeuge. Als ihn bei einer Kundgebung Gegen-Demonstranten unterbrachen, habe er diesen daher auch zugerufen: "Die, die da hinten stören, werden die Luft noch zum Arbeiten brauchen!" "Auf einen groben Klotz kommt ein grober Keil. Wenn jemand eine Veranstaltung stört, ist es legitim, so etwas darauf zu sagen", erklärte Haider dazu nun vor Gericht. Wissenschaftliches Gutachten vorgelegt Rechtsanwalt Daniel Charim, der Vertreter der "Süddeutschen", möchte jedenfalls beweisen, dass es sprachliche Parallelen zwischen Haider und Hitler gibt. Er hat daher ein wissenschaftliches Gutachten sowie ein 170 Seiten umfassendes Konvolut vorgelegt, in dem zahlreiche weitere, Haider zugeordnete Aussagen (unter anderem "Altparteien", "Umvolkung", "Totaler Krieg", "Endlösung der Bauernfrage") und Schmähungen politischer Gegner ("Vranitzky ist der erste Austrofaschist im Nadelstreif") aufgelistet sind, die Haider zum Teil als nicht von ihm stammend bzw. erfunden zurückweist. Der Richter räumte Charim nun eine Frist von drei Wochen ein, um anhand von Tonbändern oder sonstigen Dokumenten die behauptete Authentizität der gegenständlichen Passagen nachzuweisen. Zu diesem Behufe wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt. "Warum passiert das gerade Ihnen, dass Sie immer mit solchen Sachen zitiert werden und andere Politiker Ihrer Partei wie die Vizekanzlerin, der Finanz- oder Verteidigungsminister nicht?" fragte der Richter abschließend. "Weil die erst seit kurzer Zeit in der ersten Reihe stehen. In 25 Jahren an der Spitze einer politischen Partei passieren eben auch Sachen, die nicht immer gut sind", antwortete Haider. (APA)